Leitsatz (amtlich)

Zur Berechnung des Elternunterhaltsanspruchs gegenüber einem nicht erwerbstätigen Kind aus dessen Taschengeldanspruch gegen seinen Ehegatten (BGH, XII ZR 43/11).

 

Normenkette

BGB §§ 1601, 1603, 1360, 1360a

 

Verfahrensgang

AG Wolfsburg (Urteil vom 10.09.2009; Aktenzeichen 17 F 3114/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 01.10.2014; Aktenzeichen XII ZR 133/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG Wolfsburg vom 10.9.2009 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 334 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 240 EUR seit dem 18.10.2008 und aus weiteren 94 EUR seit dem 20.4.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in allen drei Instanzen haben der Kläger 74 % und die Beklagte 26 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um auf den Kläger übergegangene Ansprüche auf sog. Elternunterhalt. Der Kläger erbrachte für die zwischenzeitlich verstorbene Mutter der Beklagten, die in einer Alten- und Pflegeeinrichtung untergebracht war, Sozialhilfeleistungen in der Größenordnung zwischen 848 EUR und 1.090 EUR monatlich. Er ging aufgrund eines ihr zustehenden Taschengeldanspruches zunächst von einer Leistungsfähigkeit der Beklagten i.H.v. 69,53 EUR monatlich in der Zeit von November 2007 bis März 2008 und i.H.v. 83,61 EUR monatlich in der Zeit von April 2008 bis Februar 2009 aus, später von einer Leistungsfähigkeit im Bereich von 42,21 EUR bis 53,48 EUR pro Monat.

Das AG hat die Klage aufgrund eines der Beklagten zustehenden Taschengeldanspruches für begründet erachtet und der Klage bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruches stattgegeben.

Es hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.267,36 EUR rückständigen Unterhalt für den Zeitraum von November 2007 bis Februar 2009 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 849,31 EUR seit dem 18.10.2008 und weiteren 418,05 EUR seit dem 20.4.2009 zu zahlen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klagabweisungsantrag weiter verfolgt.

Sie meint, ihr stehe gegen ihren Ehemann neben dem Anspruch auf Familienunterhalt kein Taschengeldanspruch mehr zu, da das ihr und ihrem Ehemann zur Verfügung stehende Einkommen vollständig für den laufenden Bedarf der Eheleute verbraucht werde, zumal diese auch noch ihren volljährigen, aber arbeitslosen Sohn unterhalten müssten. Im Übrigen ist sie der Ansicht, der Selbstbehalt müsse berücksichtigt werden, wobei dieser für sie selbst 1.400 EUR betrage, ihrem Ehemann als Alleinverdiener sei ein Selbstbehalt i.H.v. 1.600 EUR anzurechnen.

Daneben hält die Beklagte den Unterhaltsanspruch für verwirkt, da zwischen der Überleitungsanzeige und der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs mehr als ein Jahr vergangen sei. Sie ist der Auffassung, das Kapitaleinkommen ihres Ehemannes sei nicht zu berücksichtigen, da dieses thesauriert werde.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des AG Wolfsburg vom 10.9.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich der beigefügten Anlagen sowie auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.

Der Senat hatte durch Beschluss vom 29.3.2011 das amtsgerichtliche Urteil dahin abgeändert, dass die Beklagte nur 894 EUR nebst Zinsen zu zahlen habe. Gegen dieses als Beschluss bezeichnete Urteil haben die Beklagte Revision und der Kläger Anschlussrevision eingelegt, die beide Erfolg hatten. Der BGH hat mit Urteil vom 12.12.2012 (Az. XII ZR 43/11) die Entscheidung des Senats aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Insoweit wird auf die in NJW 2013, 686 veröffentlichte Entscheidung des BGH verwiesen.

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Für den Zeitraum von November 2007 bis Februar 2009 stehen dem Kläger lediglich 334 EUR rückständiger Unterhalt zu.

1. Hinsichtlich der Frage der Verwirkung wird auf die insoweit vom BGH nicht beanstandete Entscheidung des Senates vom 29.3.2011 verwiesen.

2. Der auf den Kläger gem. § 90 Abs. 4 SGB XII übergegangene und von ihm geltend gemachte Anspruch beruht auf § 1601 BGB. Danach sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren und zwar in einem Umfang, wie es ohne Gefährdung des angemessenen eigenen Unterhalts möglich ist (§ 1603 Abs. 1 BGB). Dabei wird der Bedarf der Mutter der Beklagten durch ihre Unterbringung in einem Heim bestimmt und entspricht den dort anfallenden, nicht durch eigenes Einkommen gedeckten Kosten (vergleiche BGH, FamRZ 2004, 1370). Hinzuzurechnen ist ein daneben vom Kläger für die Mutter der Beklagten aufgebrachter Zusatzbetrag. § 133a SGB XII i.V.m. § 21 BSHG sieht einen Zusatzbarbetrag für solch...

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