Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltsvergütung: Entstehung einer Befriedungsgebühr bei beiderseitiger Revisionsrücknahme

 

Leitsatz (amtlich)

Nimmt der Verteidiger nach Gesprächen mit der Staatsanwaltschaft, in denen die Möglichkeit einer beiderseitigen Revisionsrücknahme erörtert wurde, die Revision des Angeklagten zurück und erklärt anschließend auch die Staatsanwaltschaft die Rücknahme ihres bereits begründeten Rechtsmittels, sind - auch wenn das Revisionsverfahren noch nicht beim Rechtsmittelgericht anhängig geworden ist - konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass eine Revisionshauptverhandlung durchgeführt worden wäre (§ 349 Abs. 5 StPO) und durch die anwaltliche Tätigkeit des Verteidigers entbehrlich geworden ist (Abgrenzung zu OLG Braunschweig, Beschluss vom 21. Juli 2011 - Ws 178/11 -, juris).

 

Normenkette

VV-RVG Nr. 4141; StPO § 349 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Braunschweig (Entscheidung vom 21.01.2016; Aktenzeichen 1 KLs 10/15)

 

Tenor

1. Der Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 21. Januar 2016 wird aufgehoben.

2. Auf die Beschwerde wird der Betrag der dem Pflichtverteidiger zu erstattenden Gebühren in Abänderung der Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts vom 23. November 2015 auf insgesamt 1.242,36 Euro festgesetzt.

3. Der auf Antrag bereits festgesetzte und ausgezahlte Betrag in Höhe von 741,37 Euro ist anzurechnen.

4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 21. Januar 2016, mit welchem seine Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Braunschweig vom 23. November 2015 als unbegründet verworfen wurde.

Durch Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 12. Mai 2015 wurde gegen den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls und wegen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz von Munition eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verhängt.

Gegen dieses Urteil legten sowohl die Staatsanwaltschaft mit Schriftsatz vom 15. Mai 2015 als auch die Verteidiger des Angeklagten mit Schriftsätzen vom 15. und 19. Mai 2015 Revision ein. Die Staatsanwaltschaft begründete ihr Rechtsmittel mit weiterem Schriftsatz vom 25. Juni 2015 und auch für den Angeklagten wurde unter dem 20. Juli 2015 die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt.

In der Folge nahmen zunächst der Pflichtverteidiger des Angeklagten als auch kurz danach sein weiterer Wahlverteidiger, nachdem Erstgenannter zwischenzeitlich mit dem zuständigen Staatsanwalt telefonisch eine beiderseitige Revisionsrücknahme erörtert hatte, die gegen das landgerichtliche Urteil eingelegten Revisionen mit Schriftsätzen vom 17. und 26. August 2015 zurück. Nach Kenntnisnahme dieser Revisionsrücknahmen erklärte auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig mit Verfügung vom 21. August 2015 die Rücknahme ihres Rechtsmittels. Zu diesem Zeitpunkt war noch keine Übersendung der Akten an das Rechtsmittelgericht bzw. an die bei diesem ansässige Staatsanwaltschaft erfolgt.

Durch Beschluss vom 08. September 2015 wurden die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen dem Angeklagten auferlegt.

Mit Schriftsatz vom 09. September 2015 (Bd. IV Bl. 84 d.A.) beantragte der Beschwerdeführer beim Landgericht Braunschweig, die nachstehenden Pflichtverteidigergebühren festzusetzen und zu zahlen:

1.

Verfahrensgebühr für das Revisionsverfahren mit Zuschlag, Nr. 4131 VV RVG

603,00 €

2.

Erledigungsgebühr, Nr. 4141 VV RVG

421,00 €

3.

Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

4.

19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG

198,36 €

Gesamtbetrag

1.242,36 €

Mit Beschluss vom 23. November 2015 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts Braunschweig die an den Beschwerdeführer zu zahlenden Gebühren auf 741,37 Euro fest. Die beantragte Erledigungsgebühr sowie die darauf entfallende Umsatzsteuer setzte sie ab (Bd. IV Bl. 89 d.A.).

Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2015, auf den inhaltlich verwiesen genommen wird, legte der Beschwerdeführer gegen den vorgenannten Kostenbeschluss Erinnerung ein (Bd. IV 95 ff. d.A.).

Nach der Stellungnahme der Bezirksrevisorin vom 13. Januar 2016 (Bd. IV Bl. 105 d.A.) verwarf das Landgericht Braunschweig durch die Einzelrichterin mit in Bezug genommenem Beschluss vom 21. Januar 2016 die Erinnerung des Beschwerdeführers als unbegründet (Bd. IV Bl. 106 ff. d.A.).

Gegen diesen, ihm am 25. Januar 2015 zugestellten Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerdeschrift vom 27. Januar 2015, beim Landgericht eingegangen am selben Tag (Bd. IV Bl. 111 ff. d.A.), auf die abermals ebenso Bezug genommen wird, wie auf das weitere Schreiben des Beschwerdeführers vom 29. Februar 2016.

Das Landgericht Braunschweig hat der Beschwerde mit Beschluss vom 11. Februar 2016 (Bd. IV Bl. 126 f. d.A.) nicht abgeholfen und die Sache dem Senat z...

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