Leitsatz (amtlich)

1. Durch die Teilnahme des Prozessbevollmächtigten an der gerichtsnahen Mediation fallen grundsätzlich keine zusätzlichen Rechtsanwaltsgebühren an.

2. Begleitet der Rechtsanwalt seinen Mandanten im Rahmen der gerichtsnahen Mediation zum Mediationstermin, wird er damit nicht als neutraler Rechtsanwaltsmediator i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 RVG tätig, weil er weiterhin parteilich berät.

3. Die Mitwirkung eines parteilich beratenden Rechtsanwalts im Rahmen der gerichtsnahen Mediation wird grundsätzlich vollständig durch die Gebühren abgegolten, die er im Rahmen des Gerichtsverfahrens erhält.

 

Verfahrensgang

LG Braunschweig (Beschluss vom 29.08.2006; Aktenzeichen 8 O 286/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 12.9.2006 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Braunschweig vom 29.8.2006 - Geschäftszeichen: 8 O 286/03 (017) - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Beschwerdewert beträgt 893,20 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger hat mit Klageschrift vom 3.2.2003 einen Zahlungsanspruch ggü. dem Beklagten verfolgt. Nachdem zu Beweiszwecken bereits ein Sachverständigengutachten eingeholt worden war, stimmten die Parteien der Durchführung eines Mediationsverfahrens zu. Daraufhin ersuchte das erkennende Gericht mit Beschluss vom 21.6.2006 einen am LG Braunschweig tätigen Richter, das Mediationsverfahren durchzuführen. Nach Durchführung der Mediation, an der neben den Parteien deren Prozessbevollmächtigten teilnahmen, schlossen die Parteien vor dem ersuchten Richter am 22.6.2006 einen Vergleich, durch den der Rechtstreit beendet wurde.

Mit Schriftsatz vom 23.6.2006 stellte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten Kostenausgleichsantrag. Neben einer Prozess-, Verhandlungs-, Beweis- und Vergleichsgebühr gem. §§ 11, 23, 31 Nr. 1, 2 und 3 BRAGO sowie der Auslagenpauschale gem. § 26 BRAGO zzgl. Mehrwertsteuer gem. § 25 Abs. 2 BRAGO (insgesamt 2.649,44 EUR) machte er zusätzlich eine Mediationsgebühr gem. §§ 34 Abs. 1 S. 2 RVG, 612 Abs. 2 BGB in 2,5 facher Höhe des Mittelsatzes von 300 EUR (= 750 EUR) zzgl. nochmaliger Pauschale gem. Nr. 7002 RVG-VV (= 20 EUR) und auf beide Positionen berechnete Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 RVG-VV (= 123,20 EUR) geltend. Im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.8.2006 hat die Rechtspflegerin die Mediationskosten, die Pauschale gem. Nr. 7008 RVG-VV und die darauf berechnete Mehrwertsteuer, mithin einen Gesamtbetrag i.H.v. insgesamt 893,20 EUR nicht berücksichtigt.

Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 7.9.2006 zugegangenen Beschluss wendet sich der Beklagte mit seinem am 13.9.2006 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel. Er ist der Auffassung, dass die geltend gemachten Mediationskosten zur Durchführung des Verfahrens notwendig waren und deshalb zu berücksichtigen sind.

Mit Beschluss vom 18.10.2006 hat die Rechtspflegerin der Beschwerde nicht abgeholfen und diese zur weiteren Entscheidung dem OLG Braunschweig vorgelegt. Mit Beschluss vom 2.11.2006 hat der Einzelrichter gem. § 568 Nr. 2 ZPO die Sache dem Beschwerdegericht als Kollegialgericht übertragen.

II. Das gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässige und als sofortige Beschwerde anzusehende Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Beklagte kann nicht für die Mitwirkung seines Rechtsanwalts bei der am 22.6.2006 durchgeführten Mediation über die bereits gem. §§ 11, 23, 31 Nr. 1, 2 und 3 BRAGO berücksichtigten vier Rechtsanwaltsgebühren (Prozess-, Verhandlungs-, Beweis- und Vergleichsgebühr) hinaus zusätzliche Gebühren verlangen. Zutreffend hat die Rechtspflegerin beim LG die insoweit geltend gemachten Kosten i.H.v. 893,20 EUR bei der Kostenfestsetzung nicht berücksichtigt, weil der Beklagte dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt derartige Gebühren nicht schuldet und diese deshalb nicht notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO sind.

1. Entgegen der dem Kostenfestsetzungsantrag zugrundeliegenden Rechtsauffassung kann der Prozessbevollmächtigte des Beklagten einen solchen Gebührenanspruch nicht aus § 34 Abs. 1 Satz 2 RVG ableiten.

a) Zum einen finden die Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) auf die vorliegende Entscheidung gem. § 60 Abs. 1 S. 1 RVG keine Anwendung, weil der Auftrag zur Rechtsverteidigung in dieser Sache vor dem Inkrafttreten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) erteilt worden ist. Das RVG ist zum 1.7.2004 in Kraft getreten und bestimmt, dass sich die Vergütung nach bisherigen Recht, mithin nach den Vorschriften der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) richtet, sofern der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem 1.7.2004 erfolgt ist. Da die Klagerwiderungsschrift vom 17.3.2003 datiert, der unbedingte Verteidigungsauftrag des Beklagten an seinen Prozessbevollmächtigten hierzu zuvor erteilt worden sein muss, verbleibt es bei der Anwendung der alten Rechtslage gemäß den Bestimmungen der BRAGO.

b) Zum anderen wäre ein solcher Gebührenanspruch nach den Bestimmungen des RVG, mithin nach ne...

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