Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage, ob bei einer Namensschuldverschreibung für den Schuldner im Rahmen des Erfüllungseinwands nach Ablauf der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen Beweiserleichterungen in Betracht kommen.

2. Die im Formulartext einer solchen Schuldverschreibung enthaltene Klausel

"Der Anspruch aus dieser Urkunde verjährt, wenn sie nicht binnen 10 Jahren nach Eintritt der Fälligkeit zur Einlösung vorgelegt wird."

ist dahingehend auszulegen, dass Verjährung eintritt, wenn die Auszahlung nicht binnen 10 Jahren nach Eintritt der Fälligkeit unter Vorlage der Urkunde gefordert wird.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 362 Abs. 1; HGB § 257 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Urteil vom 19.07.2005; Aktenzeichen 1 O 625/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG Bamberg vom 19.7.2005 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn dieser nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

6. Der Streitwert wird für den gesamten Rechtsstreit auf 46.016,26 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Parteien streiten um Ansprüche aus der Namensschuldverschreibung Nr. ... der Beklagten.

Der Kläger ist Miterbe zu ½ seines im Jahre 1978 verstorbenen Vaters ... (i.F. Erblasser) aufgrund des Erbvertrags vom ...1972 (Anlage K1 zum Schriftsatz v. 8.12.2004). Aufgrund der in diesem Erbvertrag enthaltenen Teilungsanordnung (Ziff. III.6.e) des Erbvertrages) steht dem Kläger das "sonstige Vermögen" des Erblassers zu, zu dem insb. der streitgegenständliche Anspruch zählt.

Der Erblasser hat am 6.12.1976 von der Beklagten die Namensschuldverschreibung Nr. ... erworben. In dieser verpflichtete sich die Beklagte, am 7.12.1980 an ... 90.000 DM zu zahlen (Anlage K3 zum Schriftsatz v. 8.12.2004).

Die Urkunde hat folgenden Inhalt:

Die Originalurkunde wurde bei der Beklagten hinterlegt. Der Erblasser erhielt eine Kopie mit folgendem zweifach unterschriebenen Vermerk auf der Rückseite:

"Diese Fotokopie des von Ihnen gekauften ... stellt gleichzeitig den Hinterlegungsschein dar":

Der Kläger behauptet, die Beklagte habe auf die Namensschuldverschreibung nichts gezahlt. Mit seiner Klage fordert er die Rückzahlung des verbrieften Betrages nebst Zinsen.

Der Kläger hat deshalb im ersten Rechtszug beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, 46.016,26 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt 44.176 EUR an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, es sei davon auszugehen, dass entsprechend der damaligen Praxis der Beklagten der geschuldete Betrag unmittelbar nach Fälligkeit auf ein Konto des Erblassers überwiesen worden sei. Sie ist der Meinung, wegen des Ablaufs der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen sei eine Beweislastumkehr eingetreten mit der Folge, dass der Kläger zu beweisen habe, dass eine Auszahlung nicht erfolgt sei. Sie erhebt außerdem die Einrede der Verjährung und wendet Verwirkung ein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 76-79 d.A.) ergänzend verwiesen.

Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil dem Klageantrag zu 1) in vollem Umfang entsprochen. Die geltend gemachten Zinsen für die Zeit vom 7.12.1980 bis 7.12.2004 (Klageantrag zu 2) hat es lediglich i.H.v. 9.082,22 EUR für die Zeit vom 1.1.2000 bis 7.12.2004 zuerkannt und die weiter gehende Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die streitgegenständliche Namensschuldverschreibung führe zu einem Anspruch aus einem Darlehen. Die Beklagte, die Erfüllung einwende, habe diese zu beweisen (S. 6 des Urteils). Dieser Beweis sei nicht geführt. Der Ablauf der Aufbewahrungsfristen rechtfertige keine Beweislastumkehr (S. 7 des Urteils). Der Anspruch sei auch nicht verjährt Die in der Urkunde enthaltene Verjährungsregelung sei unklar und eng auszulegen (S. 9 des Urteils). Auch eine Verwirkung liege nicht vor, weil allein die Untätigkeit des Berechtigten keinen Vertrauenstatbestand begründe (S. 9 des Urteils).

Hinsichtlich der Zinsansprüche hat das LG angenommen, dass Verjährung eingetreten ist, soweit diese Ansprüche vor dem 1.1.2000 entstanden sind (S. 10 des Urteils).

Das Urteil wurde dem Kläger am 22.7.2005 und der Beklagten am 25.7.2005 zugestellt. Der Kläger hat am 22.8.2005 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 24.10.2005 am 21.10.2005 begründet.

Die Beklagte hat am 9.8.2005 Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel am 7.9.2005 begründet.

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Teilabweisung seiner Klage und verfolgt seinen erstinstanzlichen Zinsansp...

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