Entscheidungsstichwort (Thema)

Stiefkindadoption durch Lebenspartnerin bei Samenspende

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB ist die Einwilligung des biologischen Vaters für die Adoption erforderlich, wenn die Voraussetzungen des §§ 1600d Abs. 2 S. 1 BGB vorliegen, der biologische Vater also glaubhaft gemacht hat, dass er der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat.

2. Der Vater ist nach § 188 Abs. 1 Nr. 1b FamFG daher nur dann zu beteiligen ist, wenn er dem Verfahren im Hinblick auf seine mögliche Vaterschaft beitritt. Sieht er davon ab, ist er weder zu beteiligen, noch ist seine Zustimmung nach § 1747 Abs. 1 S. 1 BGB erforderlich.

3. Von einer formellen Benachrichtigung des Vaters durch das Familiengericht kann dann abgesehen werden, wenn aufgrund der aufgeklärten Umstände unzweifelhaft ist, dass eine Beteiligung des leiblichen Vaters nicht in Betracht kommt. Dies ist dann der Fall, wenn er auf sein grundrechtlich geschütztes Interesse, die Rechtsstellung als Vater des Kindes einzunehmen, von vornherein verzichtet hat (BGH, B. v. 18.02.2015, XII ZB 473/13).

4. Die berechtigten Interessen des Kindes auf Klärung seiner Abstammung (vgl. hierzu BGH, B. v. 28.01.2015, XII ZR 201/13) rechtfertigen keine Versagung der Adoption, weil dies gesetzlich nicht vorgesehen ist.

 

Normenkette

LPartG § 9; BGB §§ 1741 ff.

 

Verfahrensgang

AG Aschaffenburg (Beschluss vom 01.03.2017; Aktenzeichen 4 F 1601/16)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der weiteren Beteiligten Z. wird als unzulässig verworfen.

II. Auf die Beschwerde der Annehmenden X. hin wird der Beschluss des AG -Familiengericht- Aschaffenburg vom 1.3.2017 wie folgt abgeändert: 1) Auf Antrag der Annehmenden vom 19.10.2016 wird die Annahme der Anzunehmenden Y. - Anzunehmende - als Kind der Annehmenden X. - Annehmende - ausgesprochen. 2) Das Kind führt den Geburtsnamen Z. 3) Durch die Annahme als Kind erlangt das angenommene Kind die Rechtstellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Annehmenden und ihrer Lebenspartnerin Z. gemäß §§ 9 Abs. 7 S. 2 Lebenspartnerschaftsgesetz, 1754 Abs. 1 BGB. Die elterliche Sorge steht beiden Lebenspartnern gemeinsam zu, §§ 9 Abs. 7 Lebenspartnerschaftsgesetz, 1754 Abs. 3 BGB. 4) Das Verfahren der ersten Instanz ist gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten in der ersten Instanz tragen die Beteiligten jeweils selbst.

III. Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.

IV. Der Verfahrenswert für die erste und die zweite Instanz wird jeweils auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 19.10.2016 hat die Beschwerdeführerin X. die Adoption des Kindes ihrer Lebenspartnerin Z., nämlich des minderjährigen Kindes Y., geb. am ... 2016, beantragt. Mit gleicher Urkunde hat die Lebenspartnerin Y. - zugleich in ihrer Funktion als gesetzliche Vertreterin ihrer Tochter X., die Zustimmung zur Adoption erklärt. Die Annehmende X. hat im Jahre 2002 geheiratet und wurde von ihrem Ehemann am ... 2007 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe ist das Kind L., geb. am ..., hervorgegangen, für den die Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben, wobei L. bei seiner Mutter lebt. Die Mutter der Anzunehmenden - Z. - war und ist nicht verheiratet. Sie ist am 5.12.2015 mit der Annehmenden X. in M. eine Lebenspartnerschaft eingegangen, wobei getrennte Familiennamen X. und Z. geführt werden.

Hinsichtlich der Identität des Vaters des Kindes Y. haben die Lebenspartner angegeben, dass sie diesen über das Internet gesucht und kennengelernt hätten und die Zeugung des Kindes auf der Samenspende (Becherspende) dieses Mannes beruhe, dessen Identität sie nicht kennen würden. Er sei auch nicht bereit, seine Identität offenzulegen, so lange die Adoption nicht ausgesprochen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anhörung im Termin vom 14.2.2017 Bezug genommen.

Das AG - Familiengericht - Aschaffenburg hat den Adoptionsantrag mit Beschluss vom 1.3.2017 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass es die "schriftliche Blankozustimmung" des Samenspenders "M." in dem Vertrag vom 15.12.2014, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, nicht als Zustimmung zur Adoption ausreichen lasse. Das Kind habe ein Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung, wobei dieses Recht regelmäßig ein höheres Gewicht als das Recht des Samenspenders auf informationelle Selbstbestimmung habe. Um dem gerecht zu werden, sei eine notariell beurkundete Einwilligung des Samenspenders vor dem Inseminationsvorgang erforderlich, wobei gleichzeitig die Daten des Spenders für das Kind zu hinterlegen seien. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidung Bezug genommen.

Gegen die der Antragstellerin X. und ihrer Lebenspartnerin Y. am 4.3.2017 zugestellten Entscheidung wenden sich die Annehmende X. und ihre Lebenspartnerin Y. mit ihrer am 28.3.2017 beim AG in Aschaffenburg eingegangenen Beschwerde, wobei sie in der Beschwerdebegründung vom 19.4.2017 im Wesentlichen ausführen, dass der...

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