Entscheidungsstichwort (Thema)

Erforderlichkeit der Beschwer für Berufung; Unterhaltszahlungen auf Grund einstweiliger Anordnung und Erfüllungswirkung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die für die Zulässigkeit eines Berufungsverfahrens erforderliche Beschwer des Klägers kann sich nur aus dem Tenor des Urteils und nicht aus den Gründen ergeben.

2. Unterhaltszahlungen aufgrund einer einstweiligen Anordnung haben in der Regel keine Erfüllungswirkung.

Im Hauptsacherechtsstreit sind sie dann zu berücksichtigen, wenn und soweit der Unterhaltspflichtige seine Zahlungspflicht akzeptiert.

 

Normenkette

BGB § 362; ZPO §§ 511, 644

 

Verfahrensgang

AG Aschaffenburg (Beschluss vom 22.06.2004; Aktenzeichen 4 F 1533/02)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Berufung gegen das Urteil des AG - FamG - vom 22.6.2004 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. In dem angegriffenen Urteil hat das AG in Ziff. 1 den Beklagten zur Zahlung eines rückständigen nachehelichen Aufstockungsunterhalts i.H.v. 4.029 EUR für die Zeit vom 1.10.2002 bis 30.6.2004 verurteilt. Zugrunde lag ein vom Gericht errechneter Gesamtunterhaltsrückstand für diesen Zeitraum von 21.513 EUR, auf den ein Gesamtbetrag i.H.v. 17.484 EUR im Hinblick auf die im gleichen Verfahren ergangene einstweilige Anordnung vom 3.12.2002 bezahlt worden war. Im Übrigen hat das AG die Klage hinsichtlich des Rückstands bis 30.6.2004 abgewiesen. Unter Ziff. 4 des angegriffenen Urteils wurden die Kosten des Rechtsstreits zu 15/17 der Klägerin und zu 2/17 dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil wurde der Klägerin am 29.7.2004 zugestellt. Mit einem am 6.8.2004 eingegangenen Antrag beantragt sie, ihr Prozesskostenhilfe für eine Berufung mit folgenden Anträgen zu bewilligen:

1. Der Beklagte wird unter Abänderung von Ziff. 1 des am 22.6.2004 verkündeten Urteils des AG ... Az.: 4 F 1533/02, verurteilt, an die Klägerin für den Zeitraum 1.10.2002 bis 30.6.2004 einen rückständigen, nachehelichen Aufstockungsunterhalt i.H.v. 21.513 EUR abzgl. bereits gezahlter 17.484 EUR zu bezahlen.

2. Unter Abänderung von Ziff. 4 des am 22.6.2004 verkündeten Urteils des AG ... Az.: 4 F 1533/02, hat die Kosten des Rechtsstreits die Klägerin zu 1/4 und der Beklagte zu 3/4 zu tragen.

Zur Begründung lässt sie vortragen, dass die Zahlungen des Beklagten auf Grund der erlassenen einstweiligen Anordnung keine Erfüllungswirkung haben konnten. Der Beklagte habe bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in erster Instanz Klageabweisung beantragt. Aus dem Tenor müsse eindeutig hervorgehen, in welcher Höhe Unterhalt geschuldet sei. Auf Grund der Tenorierung sehe sich die Klägerin der Gefahr einer Rückforderungsklage in Höhe der vom Beklagten auf die einstweilige Anordnung geleisteten Zahlungen ausgesetzt. Die einstweilige Anordnung habe keinen Rechtsgrund für die Vermögensverschiebung geschaffen.

Da es sich nicht um einen Fall der Erledigung gehandelt habe, hätte die Kostenentscheidung gemäß § 92 ZPO dahin ergehen müssen, dass die Klägerin 1/4 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe, der Beklagte aber 3/4.

Der Beklagte hat beantragt, den Antrag der Klägerin auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe für ein Berufungsverfahren zurückzuweisen. Die Zahlungen seien nicht zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungen erfolgt. Der Beklagte habe vorbehaltlos gezahlt, wodurch Erledigung eingetreten sei. Aus den Gründen des Urteils sei auch zu entnehmen, welche Unterhaltszahlungen zur Reduzierung des vom AG ursprünglich errechneten Gesamtunterhaltsbetrags zu Grunde gelegt worden seien. Da der Beklagte Unterhalt nicht unter Vorbehalt geleistet habe, bestehe keine Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin.

II. Dem Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Berufungsverfahren fehlt die gem. § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht. Ihrem Berufungsbegehren mangelt es in Ziff. 1 an der für die Durchführung des Rechtsmittels erforderlichen Beschwer (1). Dem Berufungsantrag in Ziff. 2 fehlt die Statthaftigkeit (2).

1. Dem Berufungsbegehren in Ziff. 1 fehlt eine besondere Verfahrensvoraussetzung. Der Rechtsmittelkläger muss die Beseitigung der Beschwer fordern (BGH v. 20.10.1982 - IVb ZR 318/81, BGHZ 85, 140 [142] = MDR 1983, 119; Rimmelspacher in MünchKomm/ZPO, vor § 511 Rz. 35). Im vorliegende Fall geht das Begehren der Klägerin in Ziff. 1 des Antrags im Entwurf der Berufungsbegründung vom 3.8.2004 über das durch das Urteil Zugesprochene nicht hinaus. Ein Urteil mit dem Inhalt des Antrags dieser Ziffer wäre ebenso wie das angegriffene Urteil lediglich i.H.v. 4.029 EUR vollstreckbar.

Die von ihren Prozessbevollmächtigten im Entwurf der Berufungsbegründung vom 3.8.2004 weiter aufgeführten Argumente können eine Beschwer der Klägerin ebenso wenig begründen.

a) Zutreffend ist es, dass die auf die einstweilige Anordnung bezahlten Beträge keine Erfüllungswirkung i.S.d. § 362 Abs. 1 BGB haben konnten. Leistet der Schuldner erkennbar zur Abwendung der Vollstreckung aus einer einstweiligen Anordnung, so ist der Fall ebenso z...

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