Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenswertbestimmung in Ehesachen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Soweit beim Teilverfahrenswert der Ehesache gemäß § 43 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 FamGKG die Einkommensverhältnisse der beteiligten Ehegatten Berücksichtigung finden, ist der Ansatz eines Freibetrages je unterhaltsberechtigtem Kind hierbei von monatlich 250,00 Euro angemessen und nicht zu beanstanden.

2. Die Herausnahme einzelner Vermögensarten aus der Verfahrenswertbemessung gem. § 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG als Schonvermögen nach § 90 SGB XII ist nicht gerechtfertigt. Infolgedessen ist das selbst bewohnte Eigenheim zu berücksichtigen.

3. Die Berücksichtigung eines Freibetragen für jeden beteiligten Ehegatten bezüglich des gemeinsamen Vermögens von 60.000,00 Euro und für jedes unterhaltsberechtigte Kind in Höhe von weiteren 30.000,00 Euro ist angemessen und angezeigt (vgl. OLG München, FamRZ 2009, 1703; OLG Bamberg JurBüro 2017, 86).

4. Von diesem bereinigten Vermögenswert ist lediglich ein Bruchteil bei der Verfahrenswertberechnung zu berücksichtigten, der nach ganz überwiegender Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung regelmäßig mit 5 % zu berechnen ist (OLG Hamm FamRZ 2015, 1748 m.w.N.; OLG Bamberg JurBüro 2017, 86).

 

Normenkette

FamGKG § 43

 

Verfahrensgang

AG Bayreuth (Beschluss vom 27.01.2017; Aktenzeichen 3 F 1020/16)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Verfahrenswertbeschluss des AG - Familiengericht - Bayreuth vom 27.01.2017 (3 F 1020/16) dahingehend abgeändert, dass der Verfahrenswert erster Instanz 32.042,70 Euro beträgt.

2. Die darüber hinausgehende Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Im Verbundverfahren 3 F 1020/16 hat das AG - Familiengericht - Bayreuth mit Beschluss vom 27.01.2017 den Verfahrenswert auf insgesamt 27.042,70 Euro festgesetzt. Als Einzelwert hat das Familiengericht für die Ehesache den Betrag von 17.833,00 Euro und für den Versorgungsausgleich den Betrag von 9.209,70 Euro bestimmt. Hinsichtlich des Teilwertes Ehesache hat das Familiengericht neben der Berücksichtigung des beiderseitigen Einkommens der Antragstellerin und des Antragsgegners unter Ansatz eines Freibetrags für zwei unterhaltsberechtigte Kinder auch das gemeinsame Vermögen der Antragstellerin und des Antragsgegners herangezogen, hierbei aber das von der Antragstellerin bewohnte Eigenheim nicht angesetzt und für jeden beteiligten Ehegatten einen Freibetrag in Höhe von 60.000,00 Euro und für jedes der beiden Kinder einen solchen von 30.000,00 Euro berücksichtigt. Von dem so berechneten gemeinsamen Vermögenwert von 182.000,00 Euro hat das Familiengericht einen Anteil von 5 % (9.100,00 Euro) verfahrenswertbestimmend in die Bemessung eingestellt.

Das unberücksichtigt gebliebene Eigenheim hat einen Wert von ca. 100.000,00 Euro.

Mit am 08.02.2017 eingegangenem Schriftsatz vom Vortag haben die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin im eigenen Namen Beschwerde gegen den Beschluss vom 27.01.2017 eingelegt. Sie begehren den Ansatz des von der Antragstellerin bewohnten Eigenheims mit 100.000,00 Euro im Rahmen der Verfahrenswertbemessung. Weiterhin halten sie den Abzug von Freibeträgen bei der Berücksichtigung des Vermögens im Rahmen der Verfahrenswertbestimmung für nicht gerechtfertigt.

Das AG hat der Beschwerde gegen den Beschluss vom 27.01.2017 mit Entscheidung vom 08.02.2017 nicht abgeholfen.

Die Antragsgegnervertreterin ist der Ansicht, dass neben der Berücksichtigung von Freibeträgen ein gleichzeitiger Ansatz eines Schonvermögens nicht erfolgen dürfe.

Die Antragstellerin selbst verteidigt die angefochtene Entscheidung. Der Antragsgegner persönlich hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Mit Beschluss vom heutigen Tage hat der Einzelrichter das Verfahren dem Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zur Entscheidung übertragen.

II. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin ist gemäß § 59 Abs. 1 FamGKG zulässig und hat teilweise Erfolg.

Der Verfahrenswert für das erstinstanzliche Verfahren ist auf insgesamt 32.042,70 Euro zu erhöhen, da sich der Teilwert für den Verfahrensgegenstand Scheidung unter Ansatz des von der Antragstellerin selbst bewohnten Eigenheims nach Abzug der mit der Beschwerde bekämpften Freibeträge auf 22.833,00 Euro beläuft.

Die nachvollziehbar zu begründende Verfahrenswertfestsetzung (vgl. BVerfG FamRZ 2010, 25) des gegenständlichen Verbundverfahrens (Ehescheidung und Versorgungsausgleich) bestimmt sich nach §§ 43, 44, 50 FamGKG.

Für den Teilwert der Ehesache gem. § 43 FamGKG sind dabei alle Umstände des Einzelfalles maßgeblich. Neben den ausdrücklich in § 43 Abs. 1 Satz 1 FamGKG genannten Merkmalen des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten sind somit auch sämtliche sonstige zu Tage getretenen Umstände des Einzelfalls nach pflichtgemäßem Ermessen in die Entscheidung einzustellen, soweit sie einen sachgemäßen Bezug zur Gebü...

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