Leitsatz

Verlangt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Zahlung von Hausgeld auf ein offenes Treuhandkonto, so kann ein Wohnungseigentümer die Zahlung mangels Fälligkeit der Forderung verweigern.

 

Normenkette

WEG § 27 Abs. 1 Nr. 6

 

Das Problem

  1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K verlangt von Wohnungseigentümer B rund 3.000 EUR Hausgeld gemäß dem Wirtschaftsplan 2015. B wendet ein, K stünden keine Ansprüche zu, da er vergeblich versucht habe, Einblick in die Buchhaltungsunterlagen zu bekommen und ihm der Zutritt zum Heizungsraum verwehrt worden sei, weshalb er mangels Ablesemöglichkeiten seinen Mietern seit dem Jahre 2010 keine Abrechnungen mehr habe erteilen können – wodurch ihm ein Schaden entstanden sei.
  2. Das Amtsgericht verurteilt B antragsgemäß. Es könne dahinstehen, ob Gegenansprüche des B oder eine etwaige Zurückbehaltungslage bestünden. Denn gegenüber Hausgeldforderungen bestehe ein grundsätzliches Aufrechnungsverbot. Aufgerechnet werden könne nur mit gemeinschaftsbezogenen Gegenforderungen nach § 21 Abs. 2 WEG (Notmaßnahmen) oder § 680, § 683 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag), es sei denn, die Gegenforderungen seien anerkannt oder rechtskräftig festgestellt. Das Verbot der Aufrechnung sei darin begründet, dass eine ordnungsmäßige Verwaltung nur dann gewährleistet sei, wenn alle Wohnungseigentümer ihren Zahlungspflichten nachkämen. Dies dürfe nicht durch eine Auseinandersetzung oder Gegenansprüche gefährdet werden. Rechtsgrundlage seien die zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Schutz- und Treuepflichten. Diese Grundsätze fänden auch Anwendung gegenüber der Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten.
  3. Hiergegen richtet sich die Berufung des B. Er meint, der Verwalter sei gar nicht ermächtigt, einen Hausgeldprozess gegen ihn zu führen. Ferner rügt er, dass das Hausgeldkonto des Verwalters als offenes Treuhandkonto geführt werde. Dies berechtige ihn, ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen. Schließlich bestehe nach der Abrechnung für das Jahr 2016 gegen ihn allenfalls ein Anspruch in Höhe von 1.000 EUR. Dem letzten Argument stimmt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu und erklärt die Klage in Höhe von 2.000 EUR in der Hauptsache für erledigt.
 

Die Entscheidung

Die Berufung hat keinen Erfolg!

Hauptsachenerledigung über 2.000 EUR

Unstreitig habe die Einzelabrechnung des B einen geringeren Schuldbetrag als die Summe der für das Jahr 2016 fälligen Hausgeldzahlungen ergeben. Sei der in der Einzelabrechnung ausgewiesene Betrag niedriger als die zuvor durch Beschluss des Einzelwirtschaftsplans festgelegten Vorschüsse, begrenze der Beschluss der Abrechnung die Vorschusspflicht des Wohnungseigentümers aus § 28 Abs. 2 WEG auf das Abrechnungsergebnis. Habe die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bereits vor Beschluss der Abrechnung rückständiges Hausgeld eingeklagt, müsse sie deshalb den Rechtsstreit in Höhe des Differenzbetrages für erledigt erklären – was sie mittlerweile auch getan habe.

Die übrige Klage

Demzufolge sei in der Sache selbst nur noch über die restliche abgerechnete Hausgeldforderung in unstreitiger Höhe von 1.000 EUR zu entscheiden.

  1. Insofern greife der Einwand des B, er könne die Zahlung dieses Betrages verweigern, weil die Zahlung von der K auf ein offenes Treuhandkonto des Verwalters verlangt werde – was unstreitig sei.
  2. Nach inzwischen fast einhelliger Auffassung sei der Verwalter im Zuge seiner Verpflichtung aus § 27 Abs. 5 Satz 1 WEG, eingenommene Gelder von seinem Vermögen getrennt zu halten, verpflichtet, ein Konto auf den Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einzurichten. Die mit dieser Vorschrift bezweckte Insolvenz- und Pfandsicherheit der eingenommenen Gelder verbiete im bargeldlosen Zahlungsverkehr, die Gelder auf einem Eigenkonto des Verwalters zu führen, bei dem Kontoinhaber und Verfügungsberechtigter der Verwalter sei. Demnach sei der Verwalter nach § 27 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 WEG verpflichtet, für die eingenommenen Gelder ein Konto im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu eröffnen. Die Führung offener Treuhandkonten sei hingegen damit grundsätzlich unzulässig.
  3. Der beklagte Wohnungseigentümer dürfe die Hausgeldzahlung auf ein offenes Treuhandkonto verweigern mit der Folge der Klageabweisung, wenn nicht die Zahlungsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch die Weigerung gefährdet werde. Nach Auffassung der Kammer sei der Anspruch auf Hausgeldzahlung solange nicht fällig, bis ein Eigenkonto der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eingerichtet sei. Fälligkeit trete erst ab dem Zeitpunkt ein, ab dem der Gläubiger die Leistung verlangen könne. Zahlung auf ein Konto könne die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aber erst dann verlangen, wenn das Konto den gesetzlichen Anforderungen entspreche.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Wie vom Landgericht ausgeführt, wird ein Einzelwirtschaftsplan der Höhe nach durch eine nachfolgende Einzelabrechnung begrenzt. Ergibt sich aus der Einzelabrechnung – bezogen auf das Wirtschaftsjahr – ein geringerer ...

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