Grundsätzlich besteht keine Nachbarpflicht zur Einräumung einer Zuwegungsbaulast – auch nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben.

 
Praxis-Beispiel

Der Eigentümer eines Grundstücks mit schlechter Straßenanbindung möchte gerne bauen und zur Erlangung einer Baugenehmigung über ein Nachbargrundstück zu einer Privatstraße und von dort zu einer öffentlichen Straße fahren dürfen. Dementsprechend hat er diverse betroffene Grundstückseigentümer verklagt und Einräumung einer Zuwegungsbaulast begehrt – allerdings auch vor dem OLG Hamm ohne Erfolg: Vertragliche Vereinbarungen bzw. eine Grunddienstbarkeit, aus deren Begleitschuldverhältnis der Anspruch auf Einräumung einer Zuwegungsbaulast gefolgert werden könnte, gibt es nicht.[1] Auch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis, das aus dem Grundsatz von Treu und Glauben entwickelt wurde, lässt sich – so das Gericht – ein Anspruch auf Einräumung einer Baulast nicht folgern. Fraglich ist schon, ob man bei dem Kläger und den Beklagten von Nachbarn sprechen kann, da sich die in ihrem Eigentum stehenden Flurstücke jeweils am entgegengesetzten Ende der Privatstraße befinden. Abgesehen davon begründet das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis in der Regel keine selbstständigen Ansprüche, sondern wirkt sich hauptsächlich als bloße Schranke der Rechtsausübung aus. Seine Anwendung beschränkt sich auf Ausnahmefälle, deren Besonderheit einen über die gesetzliche Regelung hinausgehenden billigen Ausgleich der widerstreitenden Interessen zwingend geboten erscheinen lassen.[2]

Anspruch gegen Miteigentümer

Ein Miteigentümer einer Wegeparzelle kann gegen den anderen Miteigentümer aus § 743 Abs. 2 BGB und § 745 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Abgabe einer Baulasterklärung haben, die er im Baugenehmigungsverfahren benötigt.[3]

Interessenabwägung erforderlich

Gleiches kann gelten, wenn einer der Miteigentümer einer Wegeparzelle von den übrigen Miteigentümern die Zustimmung zur Bestellung einer Baulast an dem gemeinsamen Wegegrundstück verlangt, um mit ihr die Zufahrt zu seinem Grundstück zu sichern sowie die Duldung der Verlegung, Wartung und Nutzung von Wasserleitungen zu erreichen. Der BGH[4] stellte in diesem Fall klar, dass für einen solchen Anspruch auf Bewilligung der Baulast folgende Voraussetzungen erfüllt sein müssen:

  • Die Baulast muss notwendig sein, um dem Miteigentümer eine bestimmungsgemäße Nutzung des gemeinschaftlichen Grundstücks zu ermöglichen.
  • Die Grenze des § 745 Abs. 3 BGB (keine wesentliche Veränderung) bleibt gewahrt.
  • Die angestrebte Regelung entspricht nach billigem Ermessen dem Interesse aller Teilhaber.
[1] Dazu Abschn. 3.6.
[2] OLG Hamm, Urteil v. 27.2.2012, 5 U 77/11, NJOZ 2012 S. 1397.
[3] Vgl. dazu LG Bochum, Urteil v. 25.1.2002, 5 S 180/01, ZMR 2002 S. 523; ferner Serong, BauR 2004, S. 433.

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