Wird der bisherige Mieter durch die Zwangsräumung obdachlos, kann als letztes Mittel eine Wohnungsbeschlagnahme zur Beseitigung akuter Obdachlosigkeit so lange zulässig sein, wie die Beschaffung eines Obdachs auf Kosten der Allgemeinheit objektiv unmöglich bleibt, wobei finanzielle Erwägungen unerheblich sind.[1] Soweit keine behördlichen Obdachlosenunterkünfte zur Verfügung stehen, hat die Behörde vor einer Beschlagnahme entsprechende Räume in einem Hotel, in einer Pension oder auf dem freien Wohnungsmarkt anzumieten.[2]

Die Behörde muss die Interessen der Betroffenen gegeneinander abwägen und ist verpflichtet zu prüfen, ob eine anderweitige Unterbringung, z. B. in Immobilien der Kommune, möglich ist.[3]

Die Wiedereinweisung in die bisherige Wohnung kommt nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des polizeilichen Notstands gegeben sind. Diese liegen vor, wenn

  1. der ehemalige Mieter nicht in der Lage ist, sich eine Ersatzwohnung zu beschaffen und
  2. die Behörde die Obdachlosigkeit nur durch Wiedereinweisung in die bisherige Wohnung vermeiden kann und
  3. eine Abwägung zwischen den Grundrechten des ehemaligen Mieters und des Vermieters vorgenommen wird.[4]
 
Hinweis

Dauer der Beschlagnahme

Die Beschlagnahme und die Wiedereinweisung des bisherigen Mieters darf nur für eine begrenzte Zeit erfolgen (höchstens 6 Monate).[5]

Nach der Rechtsprechung des BayVGH kommt die Wiedereinweisung eines Obdachlosen in die vormalige Wohnung nur in schwersten Notlagen und allenfalls für 2 Monate in Betracht, wenn nicht anders abgeholfen werden kann.[6] Im Übrigen hat die Behörde die Entscheidung der Zivilgerichte zu beachten. Ist ein Räumungsschutzantrag des Mieters trotz der Vorlage eines ärztlichen Attestes zurückgewiesen worden, kann sich die Behörde nicht durch den Erlass einer Verfügung hierüber hinwegsetzen.[7]

Während der Einweisung hat der Eigentümer einen Entschädigungsanspruch gegen die Behörde. Dies kann die ortsübliche oder vereinbarte Miete sein, aber auch Mietausfall wegen unterbliebener Weitervermietung, Beseitigung von Schäden etc. Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung gegenüber der Gemeinde besteht auch für die Zeit, in der der Eingewiesene nach Ende der Beschlagnahme noch in der Wohnung verblieben ist.[8]

[3] VG Darmstadt, Beschluss v. 20.7.2009, 3 L 946/09.
[4] OVG Greifswald, Urteil v. 23.7.2009, 3 M 92/09, NJW 2010, 1096.
[5] VG Köln, Beschluss v. 18.12.1989, a. a. O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 21.5.1990, 1 S 873/90, DWW 1990, 215.
[6] BayVGH, Beschluss v. 14.9.1998, 4 CS 98. 2581.
[7] VG München, Beschluss v. 21.1.2009, M 22 S 08. 5826.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge