Normenkette

§ 14 WEG, § 15 WEG, § 1004 BGB

 

Kommentar

1. In der Wohnanlage auf einem Hanggrundstück besaß ein Eigentümer eine Wohnung, die trotz baulicher Verbindung und Einbindung in die Gesamtanlage den Charakter eines selbstständigen Hauses besaß. In der Teilungserklärung war diese Einheit als "Wohnung" und "Einfamilienhaus"bezeichnet. Der Eigentümer hatte mit Mietvertrag sein Sondereigentum (Einfamilienhaus) an eine Stadt vermietet mit der Berechtigung für den Mieter (die Stadt), in den Räumen Aus- und Übersiedler unterzubringen. Die Stadt stattete die Räumlichkeiten für die Unterbringung von bis zu 36 Personen aus und verpflichtete sich im Laufe des Verfahrens, die Räume mit nicht mehr als maximal 25 Personen zu belegen. Seit Februar 1992 waren dort 4 Familien mit insgesamt 18 Personen untergebracht (in kleineren, durch Leichtbauwände geteilten und abgeschlossenen Zimmern bei gemeinsamer Küchennutzung und Nutzung von zwei bereits ursprünglich vorhandenen Bädern).

2. Ist ein Sondereigentum in der Teilungserklärung als "Einfamilienhaus" bezeichnet, so entspricht der nächstliegenden Bedeutung des im Grundbuch Eingetragenen oder des dort in Bezug genommenen nicht, dass es sich dabei nur um ein zufällig gewähltes Wort ohne Inhalt und ohne rechtliche Bedeutung handelt. Vielmehr stellt eine solche Vereinbarung eine Zweckbestimmung dar, auf die sich jeder einzelne Erwerber von Wohnungseigentum in dieser Gemeinschaft verlassen kann, jedenfalls insoweit, als keine Nutzung zugelassen wird, die mehr als ein Einfamilienhaus stört oder sonst typischerweise beeinträchtigt ( § 14 Nr. 1 WEG). Insoweit muss auf die tatsächliche Nutzung abgestellt werden (vgl. bereits OLG Hamm vom 26. 9. 1991, NJW 1992, 184). Die Vermietung stellt insoweit zwar nicht eine gewerbliche Tätigkeit dar, auch nicht, wenn wie hier eine Stadt mit der Anmietung Aufgaben der sozialen Daseinsfürsorge wahrnehmen will, um dort Aus- und Übersiedler in wechselnder Personenzahl unterzubringen. Die Nutzung dient nach wie vor im weiteren Sinne zu Wohnzwecken. Ohne auf die Entscheidung des OLG Stuttgart ( OLG Stuttgart, Entscheidung vom 13. 8. 1992, Az.: 8 W 219/92= NJW 1992, 3046) abzustellen (Richtzahl von höchstens 2 Einzelpersonen pro Zimmer und Verweildauer nicht unter einem halben Jahr als üblicher Wohngebrauch einer 3-4-Zimmerwohnung), ist es im vorliegenden Fall mit dem vereinbarten Charakter dieses Sondereigentums als "Einfamilienhaus" nicht vereinbar, eine solche Wohnung mit mehr als einer Familie zu belegen. Die Nutzungsüberlassung an mehrere Aussiedlerfamilien in Form eines Übergangsheims geht insoweit über die vereinbarte Nutzung hinaus und ist nicht mehr von der Zweckbestimmung dieser Einheit "zu Wohnzwecken" gedeckt.

3. Für den Unterlassungsanspruch bei insoweit vorgenommener Änderung des Nutzungszwecks genügt es, dass eine Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer aufgrund bestimmter Tatsachen für die Zukunft zu befürchten ist. Ein Unterlassungsbegehren verstößt auch nicht gegen Grundsätze von Treu und Glauben.

4. Trotz festgestellter Begründetheit der Unterlassungsansprüche in allen drei Instanzen wurde in III. Instanz keine außergerichtliche Kostenerstattung angeordnet! Der Geschäftswert für die Rechtsbeschwerdeinstanz wurde auf DM 10.000,- festgesetzt (5-jähriger Mietvertrag bei monatlichem Mietzins gestaffelt, beginnend mit DM 12,-/qm bei anfänglich 314,80 qm).

 

Link zur Entscheidung

( OLG Hamm, Beschluss vom 08.03.1993, 15 W 244/92= NJW-RR 93, 786)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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