Verfahrensgang

VG Stade (Urteil vom 14.06.1990; Aktenzeichen 2 A 83/87)

 

Tenor

Hinsichtlich des Bauvorbescheides wird das Berufungsverfahren eingestellt. Im übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade – 2. Kammer – vom 14. Juni 1990 zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Kostenforderung abwenden, wenn nicht der Vollstreckende vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin wendet sich als Miteigentümerin des Wohngrundstücks … 4 in … gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Putenaufzuchtstalles und fünf Putenmastställen auf den östlich benachbarten Flurstücken 205/1 und 205/2 der Beigeladenen.

Die Ställe stehen im Außenbereich, der Aufzuchtstall in einer Entfernung von etwa 275 m nordöstlich, der nächstgelegene Maststall in einer Entfernung von etwa 315 m südöstlich vom Grundstück der Klägerin. Dieses liegt eingerahmt von kleineren Wohngrundstücken an der Grenze zum Außenbereich. Etwa 90 m westlich davon befinden sich die Gebäude der Hofstelle eines landwirtschaftlichen Betriebes. Im Flächennutzungsplan der Stadt … ist das Grundstück der Klägerin als Dorfgebiet dargestellt. Ein Bebauungsplan besteht nicht.

Das Baugrundstück und die im Norden an der Straße vorhandenen Hofgebäude gehörten früher zu einem landwirtschaftlichen Betrieb, in dem Rinder und Schweine gehalten wurden. Die Beigeladene hat die Hofstelle mit den dazugehörigen landwirtschaftlichen Nutzflächen, die insgesamt etwa 70 ha umfassen, für die Putenaufzucht und -mast erworben. Der Standort der Stallgebäude ist im Flächennutzungsplan als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt.

Die Beigeladene stellte im Mai 1986 eine Bauvoranfrage für seitlich offene Ställe mit einer Grundfläche von jeweils 65 × 16 m, in denen insgesamt 12.000 – 13.000 Tiere in Bodenhaltung mit Stroheinstreu gehalten werden sollten. Sie fügte eine gutachtliche Stellungnahme der landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt … – LUFA – vom 15. Oktober 1980 bei, die sich auf Lärm- und Geruchsimmissionen von zwei Offenställen und zwei Dunkelställen für jeweils 3.200 Puten auf dem Moorgut … in … bezog und zu dem Ergebnis gelangte, daß von diesen Ställen keine unzumutbaren Lärm- oder Geruchsimmissionen für die dort benachbarte Wohnbebauung – Entfernung zum nächsten Wohnhaus 86 m – zu erwarten seien. Nachdem das Gewerbeaufsichtsamt … und die Landwirtschaftskammer … – Landbauaußenstelle … – zu der Bauvoranfrage positiv Stellung genommen hatten, erteilte der Beklagte unter dem 21. August 1986 den beantragten Bauvorbescheid. Dagegen legte die Klägerin mit der Begründung Widerspruch ein, sie werde durch den Betrieb der Anlage unzumutbaren Geruchs- und Lärmbelästigungen sowie anderen Nachteilen (Federnflug, Bakterienübertragung usw.) ausgesetzt. Durch Bescheid vom 27. Mai 1987 wies die Bezirksregierung den Widerspruch zurück. Darauf hat die Klägerin am 29. Juni 1987 Klage erhoben.

Schon zuvor hatte die Beigeladene unter Hinweis auf den Bauvorbescheid unter dem 24. März 1987 einen Bauantrag eingereicht. Die Betriebsbeschreibung enthält unter anderem die Angabe, daß in den sechs Ställen insgesamt 12.810 Puten gehalten werden sollen. Die Landwirtschaftskammer… forderte in ihrer Stellungnahme vom 30. April 1987 eine Dungplatte zur Zwischenlagerung des Putendungs und äußerte im übrigen keine Bedenken. Auch das Gewerbeaufsichtsamt … nahm mit Schreiben vom 18. Mai 1987 positiv zu dem Bauantrag Stellung und erklärte in diesem Zusammenhang, Geruchs- und Lärmimmissionsmessungen an vergleichbaren Putenställen hätten ergeben, daß Entfernungen von 60 bis 70 m zu Dorfgebieten und Entfernungen von etwa 100 m zu Wohngebieten ausreichend seien, um die Bewohner dieser Gebiete vor unzumutbaren Immissionen zu schützen. Die Landwirtschaftskammer … gab außerdem auf Veranlassung des Beklagten zu den Geruchsimmissionen des geplanten Vorhabens eine immissionsschutztechnische Stellungnahme vom 24. Juli 1987 ab, in der sie unter Berücksichtigung von Berechnungen über die Geruchsausbreitung bei den einzelnen Windlagen ebenfalls zu dem Ergebnis kam, daß keine Bedenken gegen die Verwirklichung des Vorhabens bestünden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen in dieser Stellungnahme Bezug genommen.

Darauf erteilte der Beklagte unter dem 9. September 1987 die angefochtene Baugenehmigung; diese wurde auf Antrag der Beigeladenen um Nachtragsgenehmigungen vom 27. April 1988 und 9. Februar 1989 ergänzt. In der hierdurch entstandenen Fassung enthält die Baugenehmigung unter anderem die Auflage (Nr. 3.7), den Betrieb so zu führen, daß die Gerüche nicht in belästigender Form wahrnehmbar sind. Das deutlich wahrnehmbare Auftreten belästigender Gerüche dürfe im Berei...

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