Normenkette

§ 23 WEG, § 242 BGB, Art. 14 Abs. 1 GG

 

Kommentar

1. Hinter dem Haus einer Wohnanlage mit 4 Teil- und 14 Wohnungseigentumseinheiten befanden sich auf gemeinschaftlichem Grundstück 16 Pkw-Stellplätze, für deren Benutzung in der Teilungserklärung vereinbart war:

"Die Wohnungseigentümer können den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums durch Vereinbarung im Einzelnen regeln; dies gilt auch für Kfz-Abstellplätze . . . Die hinter dem Haus befindlichen 16 Wagenabstellplätze stehen den Teil- und Wohnungseigentümern zur Verfügung, ohne dass einem dieser Eigentümer die Benutzung eines bestimmten Wageneinstellplatzes zusteht."

In einer Versammlung wurde der Mehrheitsbeschluss gefasst:

"Ein weiterer Autoabstellplatz wird geschaffen; jedem Wohnungseigentümer und dem Teileigentümer (der 4 Teileigentumsläden) wird die Benutzung maximal eines Parkplatzes gestattet; Nichteigentümern wird die Nutzung des Hofes untersagt."

Dieser Beschluss wurde bestandskräftig.

Der Eigentümer der 4 Läden ließ in der Folgezeit von seinen Gewerbemietern mehr als nur einen Stellplatz gleichzeitig benutzen, da er auch seinen Mietern entsprechende Nutzrechte eingeräumt hatte. Der Unterlassungsantrag eines Wohnungseigentümers gegen den Teileigentümer, mehr als nur einen Wagenabstellplatz benutzen zu lassen, wurde in der Rechtsbeschwerdeinstanz zurückgewiesen.

2. Der bestandskräftige Eigentümermehrheitsbeschluss sei als Grundlage des im vorliegenden Verfahren erhobenen Unterlassungsanspruchs nicht geeignet; soweit er darauf angelegt sei, dem Teileigentümer für 3 seiner 4 vermieteten Ladeneinheiten das Nebenrecht zur Mitbenutzung der Wagenabstellfläche der Gemeinschaft auf Dauer zu entziehen, greife er grob fehlerhaft in die Stellung dieses Eigentümers ein; insoweit sei der Beschluss gemäß § 242 BGB i.V.m. Art. 14 Abs. 1 GG trotz Versäumung der Beschlussanfechtungsfrist nicht geeignet, auch für alle Zukunft eine Mitbenutzung aus der Eigentümerbefugnis weiterer 3 Teileigentumseinheiten zu entziehen, da er gegen eine Rechtsvorschrift verstoße, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden könne ( § 23 Abs. 4 Abs. 2 WEG). Die Auslegung des § 242 BGB im Lichte des Art. 14 Abs. 1 GG führe hier zu dem Ergebnis, dass die Dauerwirkung des Eigentümerbeschlusses gegen den Teileigentümer, solange er auch Eigentümer der 4 Teileigentumseinheiten sei, nicht von Bestand sein könne. In der Teilungserklärung zweckbestimmte Läden dienten dem gewerblichen, mit Publikumsverkehr verbundenen Zweck ihrer Inhaber; zur wirtschaftlichen Nutzung solcher Läden sei daher der Inhaber sogar in besonderem Maße auf die Mitbenutzung eines Pkw-Abstellplatzes auf dem Grundstück angewiesen.

Dem Ladeneigentümer steht daher gegen die restlichen Eigentümer nach § 242 BGB ein nicht durch Mehrheitsbeschluss entziehbarer Anspruch zu, dass bei der Verteilung der Stellplätze seine Eigentümerstellung und Interessenlage als Vermieter für jede einzelne seiner Teileigentumseinheiten in angemessener Weise berücksichtigt werde.

Nach Streitgegenstand des Verfahrens bedürfe es i. ü. im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, welche Gestaltungsformen für eine Gebrauchsregelung durch Mehrheitsbeschluss zur Verfügung stehen würden, wenn sämtliche Miteigentümer für jede Einheit ihr Mitnutzungsrecht in Anspruch nehmen und damit zwei Plätze fehlen würden (vgl. hierzu Teilbeschluss des Senats v. 2. 7. 1990, NJW-RR 90, 1495).

Dass aufgrund des hier gefassten Mehrheitsbeschlusses jedenfalls nicht mehr als ein Stellplatz pro innegehaltener Sondereigentumseinheit gleichzeitig genutzt werden dürfe, sei rechtlich nicht zu beanstanden und auch vom Ladeneigentümer als Antragsgegner nicht in Zweifel gezogen worden. Der Antrag des antragstellenden Wohnungseigentümers betreffe nicht diese unstreitige Unterlassungspflicht, sondern lediglich die entsprechende Mitnutzungsbefugnis für 3 der 4 Teileigentumseinheiten und musste damit in vollem Umfang zurückgewiesen werden.

 

Link zur Entscheidung

( KG Berlin, Beschluss vom 24.04.1991, 24 W 5388/90= NJW-RR 24/91, 1489)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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