1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift regelt die Leistungspflichten des Arbeitgebers bei Arbeitsverhinderung infolge einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation. Für die ärztliche Verordnung von "Schonzeiten" außerhalb des gesetzlichen Krankenversicherungsrechts ist daher auch nach § 616 BGB kein Raum mehr, da § 9 insofern lex specialis ist.[1] Die Entgeltfortzahlung entspricht weitgehend der im Krankheitsfall. Zu unterscheiden ist dabei zwischen solchen gesetzlich versicherten Arbeitnehmern, denen die Maßnahme von einem Sozialleistungsträger bewilligt wird[2], und denen, die (ausschließlich) privat kranken- oder rentenversichert sind. Bei der zweiten Gruppe der nicht gesetzlich Kranken- und Rentenversicherten tritt die ärztliche Verordnung anstelle der Bewilligung.[3] In Abs. 2 sind die Mitteilungs- und Nachweispflichten abweichend von § 5 EZFG geregelt.

 

Rz. 2

§ 9 EFZG als Nachfolgenorm des § 7 Lohnfortzahlungsgesetzes wurde mehrfach geändert. Durch die Neuregelung ist gewährleistet, dass alle Arbeitnehmergruppen, d. h. auch die Angestellten, Entgeltfortzahlung bei Maßnahmen der Vorsorge oder Rehabilitation erhalten. Diese ist allerdings auf 80 % des bisherigen Arbeitsentgelts beschränkt.[4] Zum anderen wurde der Sprachgebrauch der Vorschrift dem des SGB IX angepasst, d. h. statt der Formulierung "Kur" wird der Begriff der Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahme verwendet. Das hat aber keine inhaltlichen Konsequenzen. Schließlich besteht auch bei einer Arbeitsverhinderung infolge einer ambulanten Maßnahme Anspruch auf Entgeltfortzahlung.[5] Die ambulante Maßnahme ist nicht mehr beschränkt auf stationäre Vorsorge oder Rehabilitation. Es besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Übergangsgeld und zwar unabhängig davon, ob die Leistung stationär oder ambulant durchgeführt wird.[6] Die Entgeltfortzahlung bei einer ärztlich verordneten Schonzeit im Anschluss an eine Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme ist – wie im Sozialversicherungsrecht – weggefallen.[7] Das wird allerdings teilweise kompensiert durch das BUrlG. Danach ist dem Arbeitnehmer im Anschluss an medizinische Maßnahmen Urlaub zu gewähren, wenn er dies verlangt.[8]

[1] Reinhard, Erfurter Kommentar, 2021, § 9, Rz. 2; Staudinger/Oetker, § 616, Rz 277.
[4] BT-Drucks. 13/4612 S. 16.
[5] BGBl. I S. 1045.
[6] § 65 SGB IX i. V. m. §§ 20, 21 SGB VI; BT-Drucks. 14/5074 S. 110, 127.
[7] BT-Drucks. 12/5263 S. 15.

2 Bewilligung durch Sozialleistungsträger

 

Rz. 3

Versicherte haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zu 6 Wochen gegen ihren Arbeitgeber während einer medizinischen Maßnahme, wenn

  • es sich um eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation handelt,
  • diese vorher bewilligt worden ist und
  • die Bewilligung durch einen Sozialversicherungsträger erfolgt ist.

Der Anspruch während einer Kur setzt voraus, dass die Behandlung in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation i. S. d. § 107 Abs. 2 SGB V, d. h. nicht in einem Wellnesscenter erfolgt. Eine stationäre Durchführung, also mit Unterbringung und Verpflegung, ist nicht erforderlich.[1] Bei ambulanter Durchführung ist allerdings Voraussetzung, dass die Maßnahme von dem Träger der Sozialversicherung verantwortlich gestaltet und durchgeführt wird, was u. a. eine sachgerechte medizinische Betreuung und einen ausreichenden Einfluss auf die Lebensführung des Versicherten erfordert.[2] Die Leistungen der Maßnahmen werden in der Regel als Sachleistungen erbracht.[3] Den Versicherten wird nicht wie bei der Kostenerstattung als Wahlrecht des Versicherten nach § 13 Abs. 2 SGB V oder als Privatversicherter für die Behandlung eine Rechnung ausgestellt. An dem Charakter der Sachleistung ändert die ab dem vollendeten 18. Lebensjahres geltende Zuzahlungspflicht des Versicherten[4] nichts. Die Zuzahlung stellt nur eine Eigenbeteiligung dar.

2.1 Sozialleistungsträger (Abs. 1 Satz 1)

 

Rz. 4

In § 9 Abs. 1 Satz 1 EFZG sind die öffentlich-rechtlichen Kostenträger aufgeführt, die Maßnahmen der Rehabilitation und Vorsorge erbringen, also z. B. nicht durch einen freien Träger der Wohlfahrtspflege. Deren jeweilige Zuständigkeit ist im Einzelnen dem Sozialgesetzbuch (SGB) I zu entnehmen. Zu den aufgeführten Trägern der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Unfallversicherung, den Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung sowie sonstigen Sozialleistungsträgern, die medizinische Maßnahmen nach § 9 Abs. 1 EFZG anbieten, zählen im Einzelnen folgende Träger:

 

Rz. 5

In der allgemeinen Rentenversicherung sind dies nach der Organisationsreform in der Rentenversicherung[1] die Regionalträger, die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, in der knappschaftlichen Rentenversicherung die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und in ...

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