Leitsatz

Das BAG hat ein Grundsatzurteil zur Lohnpfändung getroffen, das die bisherige Berechnung des pfändbaren Einkommens umstellt. Die neue Methode kann sich stark auf die Höhe des pfändbaren Betrags auswirken.

 

Sachverhalt

Bei der bislang vorherrschenden Bruttomethode werden vom Gesamtbrutto die unpfändbaren Bezüge und außerdem noch die Sozialversicherungsbeiträge und Steuern – bezogen auf das Gesamtbrutto (einschließlich der unpfändbaren Bezüge) – abgezogen. Das bedeutet, dass die auf die unpfändbaren Bezüge entfallenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge 2-mal in Abzug gebracht werden.

Bei der Nettomethode wird zur Ermittlung des pfändbaren Einkommens wie folgt verfahren:

  • 1. Schritt: Zunächst ist der unpfändbare Sonderbezug mit dem Bruttobetrag vom Bruttoeinkommen abzuziehen.
  • 2. Schritt: Im Anschluss an den Abzug der nach § 850a ZPO unpfändbaren Beträge mit dem Bruttobetrag sind lediglich die Steuern und vom Arbeitnehmer zu tragenden Sozialversicherungsabgaben in Abzug zu bringen, die auf das ohne die unpfändbaren Bezüge verbleibende Bruttoeinkommen zu zahlen sind. Die auf die unpfändbaren Bezüge entfallenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind also nur 1-mal abzuziehen. Der Drittschuldner hat bei Anwendung der Nettomethode neben der Berechnung der auf das Gesamtbruttoeinkommen abzuführenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zusätzlich fiktiv die Steuern und Abgaben zu ermitteln, die auf das nach Abzug der unpfändbaren Bezüge verbleibende Bruttoeinkommen abzuführen wären.
  • 3. Schritt: Auf der Basis dieses fiktiven Arbeitseinkommens ist nun anhand der Tabelle nach § 850c ZPO der pfändbare Betrag zu ermitteln.
  • 4. Schritt: Anschließend wird das tatsächliche Nettoeinkommen unter Zugrundelegung der gesamten Abzüge für Steuern und SV-Beiträge ermittelt. Hiervon ist der zuvor ermittelte pfändbare Betrag abzuziehen und an den Gläubiger abzuführen. Das restliche Nettoeinkommen wird an den Arbeitnehmer ausbezahlt.

Das paradoxe Ergebnis der bisher angewendeten Bruttomethode führt dazu, dass das pfändbare Einkommen des Arbeitnehmers umso niedriger ausfällt, je höher die unpfändbaren Bezüge sind.

Für die Anwendung der Nettomethode spricht nach Auffassung des BAG entscheidend das gesetzgeberische Ziel. Sie sichere den mit den Pfändungsschutzvorschriften beabsichtigten sozialen Schutz des Schuldners und vermeide die mit der Bruttomethode einhergehende und mit der gesetzgeberischen Absicht in keinem vernünftigen Zusammenhang stehende Benachteiligung des Pfändungsgläubigers.

Die mit dieser zusätzlichen fiktiven Berechnung verbundenen Belastungen seien überschaubar und zumutbar, insbesondere angesichts der heutzutage verfügbaren Hilfsmittel für die Lohnabrechnung wie z. B entsprechender Lohnabrechnungsprogramme.

 

Link zur Entscheidung

BAG, Urteil v. 17.4.2013, 10 AZR 59/12.

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