Leitsatz

Eheleute stritten um den nachehelichen Unterhalt. Hierbei ging es primär darum, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Herabsetzung des Betreuungsunterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf vorgenommen werden kann.

 

Sachverhalt

Die Parteien hatten am 8.9.2006 geheiratet. Aus ihrer Ehe war ein im November 2006 geborener Sohn hervorgegangen. Die Eltern lebten seit Februar 2008 getrennt, der Sohn lebte weiterhin im Haushalt seiner Mutter und besuchte bereits nach dem zweiten Lebensjahr eine Kindertagesstätte, jeweils vormittags für zwei bis drei Stunden. Im Anschluss daran besuchte er einen integrativen Kindergarten von morgens um 9.00 Uhr bis mittags ca. 12.45 Uhr.

Der Antragsteller war angestellt tätig. Ihm stand ein Firmenfahrzeug zur Verfügung, das er auch privat nutzen konnte. Die Höhe seines Einkommens war zwischen den Parteien streitig. Zweimal monatlich besuchte er den Sohn bei der Mutter, wodurch für ihn Übernachtungskosten entstanden.

Die im Jahre 1969 geborene Antragsgegnerin war promovierte Tierärzten und im Jahre 2001 für ca. neun Monate bei einem Pharmaunternehmen angestellt. Danach war sie weitgehend nicht mehr erwerbstätig.

In einer am 10.2.2009 errichteten notariellen Urkunde hat sich der Antragsteller verpflichtet, ab Februar 2009 Kindesunterhalt i.H.v. 152 % des jeweiligen Mindestunterhalts abzgl. des hälftigen Kindergeldes zu zahlen.

Im März 2009 hat er das Ehescheidungsverfahren eingeleitet, auch die Ehefrau hat Scheidung der Ehe beantragt.

Mit Schriftsatz vom 8.7.2009 hat sie im Scheidungsverbund nachehelichen Unterhalt geltend gemacht und vorgetragen, dass ihr eine Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten sei. Das Kind müsse wegen diverser Beeinträchtigungen physiotherapeutisch und ergotherapeutisch behandelt werden. Wegen Reizüberflutung könne sich der Sohn nicht länger als drei Stunden täglich im Kindergarten aufhalten. Es bestehe daher eine besondere Betreuungsbedürftigkeit des Kindes, die der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin entgegenstände. Im Übrigen trug die Antragsgegnerin vor, sie sei in ihrer Erwerbsfähigkeit wegen eines unstreitigen chronischen Herzleidens eingeschränkt. Eine Tätigkeit als Tierärztin könne sie nicht mehr ausüben.

Die Antragsgegnerin hat nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 1.595,00 EUR geltend gemacht.

Das AG hat den Antragsteller zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von 1.235,00 EUR verurteilt.

Hiergegen wandte er sich mit der Berufung, mit der er einen Teilerfolg erzielte.

 

Entscheidung

Im Hinblick auf die Einleitung des Verfahrens vor dem 31.8.2009 fand auf den vorliegenden Fall das bis dahin geltende Recht Anwendung.

Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ergebe sich aus § 1570 BGB, weil die Antragsgegnerin durch die Betreuung des gemeinsamen und noch nicht ganz vier Jahre alten Sohnes an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert sei. Dies werde auch von dem Antragsteller im Grundsatz nicht in Frage gestellt, der selbst nur von der Obliegenheit der Antragstellerin zur Ausübung einer 3/4-Stelle ausgehe.

Maßgebend für die Bedarfsbemessung seien nach § 1578 Abs. 1 BGB die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien.

Eine von der Berechnung des Familiengerichts abweichende Beurteilung der Einkommensverhältnisse des Antragstellers sei nur insoweit vorzunehmen, als ein Steuerfreibetrag unter dem Gesichtspunkt des Realsplittings nicht mehr angesetzt werden könne. Grundsätzlich sei es einem Unterhaltspflichtigen nicht zumutbar, einen entsprechenden Freibetrag eintragen zu lassen, wenn der Umfang seiner steuerlich geltend zu machenden Unterhaltsbelastung ungewiss sei. Dies sei immer dann der Fall, wenn ein Unterhaltsanspruch weder tituliert noch unstreitig sei (BGH, FamRZ 2007, 793; FamRZ 2007, 1232; FamRZ 2007, 882).

So liege der Fall hier, da der Anspruch auf Trennungsunterhalt mit Rechtskraft der Ehescheidung weggefallen sei und der Antragsteller die Auffassung vertrete, nachehelichen Unterhalt nicht zu schulden.

Soweit der Antragsteller rüge, dass das Familiengericht Umgangskosten i.H.v. monatlich 174,00 EUR einkommensmindernd hätte berücksichtigen müssen, führten diese Erwägungen letztendlich nicht zu einer Verringerung seines unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens. Seit Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung des § 1612b BGB zum 1.1.2008 mindere das hälftige Kindergeld den Barbedarf des minderjährigen Kindes und entlaste in diesem Umfang den unterhaltspflichtigen Elternteil. Diese Entlastung sei bei der anschließenden Bemessung des nachehelichen Unterhalts in der Weise zu berücksichtigen, dass als Kindesunterhalt nur noch der Zahlbetrag angesetzt werden könne (vgl. BGH FamRZ 2009, 1300; st. Rspr. des Saarländischen OLG).

Die Entlastung der Barunterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern durch das hälftige Kindergeld könne sich deswegen im Rahmen eines Anspruchs auf Ehegattenunterhalt vermindern. Kosten der Ausübung des Umgangsrechts, die deutlich über den verbleibenden Anteil hinausgingen, könnten nach der Rechtsprechung des BGH du...

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