Nutzung des höheren Gebäudes

Die Unterhaltung und Reinigung der unter Nutzung des Nachbargebäudes höher geführten Schornsteine und Lüftungsleitungen wird häufig von dem niedrigeren Gebäude aus nicht möglich sein. Deshalb erweitern die einschlägigen Landesvorschriften die Duldungspflicht des höher bauenden Nachbarn insoweit, als die hoch geführten Schornsteine und Lüftungsleitungen auch vom höheren Gebäude aus unterhalten und gereinigt und die hierzu notwendigen Einrichtungen (etwa Laufbretter, Standvorrichtungen, die ein gefahrloses Arbeiten ermöglichen, Steigleitern) an dem höheren Gebäude angebracht werden dürfen, soweit dies erforderlich ist.

Diese Befugnis schließt das Recht zum Betreten des Nachbargrundstücks ein, ohne aber so weit zu gehen, dass auch die Wohnung des Nachbarn betreten werden darf. Hierfür fehlt es an gesetzlichen Grundlagen (Art. 13 GG). Etwas anderes gilt nur für den Schornsteinfeger (Kaminkehrer). Dieser ist nach § 1 Abs. 3 Schornsteinfegergesetz befugt, bei einem dem Kehrzwang unterworfenen Gebäude nicht nur das Gebäudegrundstück, sondern auch die Räume des Gebäudes zu betreten. Insoweit wird das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG ausdrücklich gesetzlich eingeschränkt.[7]

Einschränkung

Der zur Duldung verpflichtete Nachbar kann den Umfang der Benutzung seines Grundstücks für Reinigungs- und Wartungsarbeiten dadurch einschränken, dass er den Berechtigten darauf verweist, über eine an der Außenwand seines höheren Gebäudes anzubringende Steigleiter die erforderlichen Arbeiten zu erledigen, soweit dies technisch machbar und ausreichend ist. Eine derartige Einschränkung der Duldungspflicht gibt es in Berlin (§ 19 Abs. 2 Nrn. 2 NRG), Brandenburg (§ 25 Abs. 2 Nr. 2 NRG), Hessen (§ 36 Abs. 2 Satz 2 NRG), Niedersachsen (§ 49 Abs. 2 Satz 2 NRG), Rheinland-Pfalz (§ 17 Abs. 2 Satz 2 NRG), Saarland (§ 21 Abs. 2 Satz 2 NRG), Sachsen-Anhalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 NbG), Schleswig-Holstein (§ 20 Abs. 2 Satz 2 NRG) und Thüringen (§ 17 Abs. 2 Satz 2 NRG). In Sachsen entfällt die Duldungspflicht, wenn der Eigentümer des höheren Gebäudes die Mitbenutzung seiner Schornsteine und Lüftungsleitungen gestattet (§ 26 Abs. 3 NRG). Voraussetzung ist hier, dass sie technisch für eine Mitbenutzung geeignet sind.

[7] Vgl. hierzu BVerwG, Beschluss v. 13.10.1971, 1 BvR 280/66, NJW 1971, 2299, wonach der Begriff "Wohnung" weit auszulegen ist und auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume umfasst.

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