Nach § 903 BGB ist jeder Nachbar berechtigt, auch ohne Zustimmung des anderen Nachbarn sein an die Nachbarwand angebautes Haus abzureißen, wobei er allerdings diese selbst nicht beeinträchtigen darf. Dieses Recht wird auch nicht durch das Miteigentum an der Nachbarwand und damit nicht durch § 922 Satz 3 BGB eingeschränkt. Durch den Abriss ändert sich nach der Rechtsprechung an der mit dem früheren Anbau begründeten Eigentumslage (Miteigentum beider Nachbarn an der Nachbarwand) nichts, zumindest wenn ein neuer Anbau an die Nachbarwand beabsichtigt ist oder wenn sie in anderer Weise – etwa durch Vermietung ihrer Außenfläche zu Reklamezwecken – weiter genutzt werden kann.[1]

Schutz vor Witterungseinflüssen

Mit dem Abriss des angebauten Gebäudes wird die Nachbarwand freigelegt und damit Witterungseinflüssen ausgesetzt. Damit wird nach der Rechtsprechung die Nachbarwand in einer Weise verändert, dass sie ihre Funktionsfähigkeit für das stehen bleibende Gebäude (u.a. Schutz gegen Feuchtigkeit) nicht mehr erfüllen kann. Ein solcher Eingriff verstößt nach der Rechtsprechung gegen § 922 Satz 3 BGB und begründet für den Eigentümer des stehen bleibenden Gebäudes einen Anspruch nach den §§ 922 Satz 3, 1004 BGB gegen den Nachbar auf Aufbringen eines isolierenden Außenputzes auf die Nachbarwand oder einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für diese Maßnahme nach den §§ 812, 818 Abs. 2 BGB.[2]

Eine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung, die freigelegte Nachbarwand "in einen für eine Außenwand geeigneten Zustand zu versetzen", findet sich im Übrigen in den Nachbarrechtsgesetzen von Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen.

Aus dem Fortbestehen des Miteigentums beider Nachbarn an der nunmehr auf einer Seite freigelegten Nachbarwand folgt, dass jedem Miteigentümer die alleinige Nutzung der seinem Grundstück zugewandten Außenfläche zusteht.[3] Das bedeutet etwa, dass die Vermietung der Wandaußenfläche zu Reklamezwecken allein dem Nachbarn zusteht, der sein Haus abgerissen hat.

[1] So BGH, Urteil v. 2.2.1965, V ZR 247/62, NJW 1965, 811; BGH, Urteil v. 19.11.1971, V ZR 100/69, NJW 1972, 195; BGH, Urteil v. 28.11.1980, V ZR 148/79, NJW 1981, 866; BGH, Urteil v. 21.4.1989, V ZR 248/87, NJW 1989, 2541; OLG Düsseldorf, Urteil v. 25.10.1995, 11 U 8/94, DWW 1997, 306.
[2] So OLG Köln, Urteil v. 29.6.1995, 5 U 5/95, ZMR 1996, 139; BGH, Urteil v. 21.4.1989, V ZR 248/87, NJW 1989, 2541; BGH, Urteil v. 28.11.1980, V ZR 148/79, NJW 1981, 806; OLG Hamm, Urteil v. 8.3.1979, 5 U 158/78, MDR 1979, 757.
[3] So BGH, Urteil v. 2.2.1965, V ZR 247/62, NJW 1965, 811; OLG Düsseldorf, Urteil v. 25.10.1995, 11 U 8/94, DWW 1997, 306.

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