Leitsatz

Einer Mieterhöhung wegen Modernisierung steht nicht entgegen, dass der Vermieter den Beginn der Modernisierungsarbeiten weniger als drei Monate vorher angekündigt und der Mieter der Maßnahme widersprochen hat.

 

Normenkette

BGB §§ 554 Abs. 3; 559b Abs. 2

 

Kommentar

Der Vermieter hatte mit Schreiben vom 18.8.2004 angekündigt, dass er das fünfgeschossige Wohngebäude mit einem Aufzug ausstatten will. In dem Schreiben wird weiter mitgeteilt, dass mit den Arbeiten im September 2004 begonnen wird. Die mit der Maßnahme verbundene Mieterhöhung ist in dem Ankündigungsschreiben mit 108,08 EUR beziffert. Der Mieter hat der Maßnahme widersprochen.

In der Folgezeit wurde der Aufzug eingebaut. Mit Schreiben vom 22.7.2005 hat der Vermieter die Miete um 107,06 EUR/Monat auf 966,83 EUR erhöht. Das Landgericht hat die Mieterhöhung für unwirksam erachtet, weil die Ankündigungsfrist des § 554 Abs. 3 S. 1 BGB nicht gewahrt sei.

Der BGH ist anderer Ansicht: Wird ein fünfgeschossiges Wohngebäude mit einem Aufzug ausgestattet, so ist hierin eine Modernisierungsmaßnahme im Sinne von § 554 Abs. 2 BGB zu sehen. Der Vermieter ist nach § 554 Abs. 3 S. 1 BGB verpflichtet, dem Mieter die Modernisierungsabsicht "spätestens drei Monate vor Beginn der Maßnahme" mitzuteilen. In § 559 Abs. 1 BGB ist hierzu ergänzend bestimmt, dass die Miete nach der Durchführung der Maßnahme um 11 % der auf die Wohnung entfallenden Modernisierungskosten erhöht werden kann. Der Mieter schuldet die erhöhte Miete mit Beginn des dritten Monats nach Zugang der Mieterhöhungserklärung (§ 559b Abs. 2 S. 1 BGB). In § 559b Abs. 2 S. 2 BGB ist geregelt, dass sich diese Frist um sechs Monate verlängert, wenn der Vermieter dem Mieter die zu erwartende Erhöhung der Miete nicht nach § 554 Abs. 3 S. 1 BGB mitgeteilt hat.

In Rechtsprechung und Literatur werden zur Auslegung des § 559b Abs. 2 S. 2 BGB unterschiedliche Ansichten vertreten. Nach bislang herrschender Meinung regelt die Vorschrift nur den Fall, dass die Modernisierungsankündigung unterblieben oder fehlerhaft oder nicht fristgerecht erfolgt ist und der Mieter die Modernisierungsmaßnahme gleichwohl duldet. Hat der Mieter dagegen der Modernisierungsmaßnahme widersprochen, besteht bei unterlassener, fehlerhafter oder nicht fristgerechter Ankündigung keine Duldungspflicht; eine Mieterhöhung ist in diesem Fall nicht möglich (KG, RE v. 1.9.1988, 8 RE-Miet 4048/88; Börstinghaus in: Schmidt-Futterer, Mietrecht § 559b BGB Rdn. 49, 52; Emmerich in: Staudinger, § 554 BGB, Rdn. 41 und § 559b BGB Rdn. 21; Artz in: MüKomm, § 559b BGB Rdn. 14; Palandt/Weidenkaff, § 559 BGB Rdn. 6 und § 559b BGB Rdn. 6; Blank/Börstinghaus, § 554 BGB Rdn. 48). Nach anderer Ansicht kommt es für die Mieterhöhung nur darauf an, dass der Mieter nach materiellem Recht zur Duldung der Modernisierung verpflichtet war; eine unterlassene, fehlerhafte oder nicht fristgerechte Ankündigung ist lediglich für die Fälligkeit der Mieterhöhung von Bedeutung (Schultz in: Bub/Treier, Kap. III A, Rdn. 555).

Anmerkung

Der BGH folgt der letztgenannten Ansicht. Dies hat folgende Konsequenzen:

1. Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht des § 554 Abs. 3 BGB hat auch nach der Rechtsprechung des BGH zur Folge, dass die Duldungspflicht des Mieters entfällt. Der Mieter ist nicht verpflichtet, den Handwerkern den Zutritt zur Wohnung zu gestatten. Gegen Modernisierungsmaßnahmen im Außenbereich (Fassade, Aufzug) steht dem Mieter ein Unterlassungsanspruch zu.

2. Hatte der Mieter die Modernisierungsmaßnahme nach materiellem Recht zu dulden, so kann der Vermieter die Miete nach § 559 BGB erhöhen. Bei unterlassener, fehlerhafter oder nicht fristgerechter Ankündigung kann sich die Fälligkeit der Mieterhöhung um 6 Monate verschieben.

3. Die Frist für das Sonderkündigungsrecht des Mieters nach § 554 Abs. 3 S. 2 BGB beginnt mit dem Zugang einer form- und fristgerechten Mitteilung.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 19.09.2007, VIII ZR 6/07, NJW 2007, 3565 = WuM 2007, 630 = NZM 2007, 882 = DWW 2007, 412

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