Leitsatz

Die Auslegung der in das Grundbuch eingetragenen Befugnis eines Wohnungseigentümers, auf dem Dach des gemeinschaftlichen Gebäudes "eine Funkfeststation" zu betreiben, führt nicht dazu, dass der Betrieb einer Mehrzahl solcher Anlagen gestattet wäre.

 

Fakten:

Nach der im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung ist ein Wohnungseigentümer vorliegend berechtigt, "… auf dem Dach des Gebäudes eine standortbezogene Funkfeststation und/oder Antennenanlage einschließlich aller hierfür erforderlichen Einrichtungen und Anlagen, insbesondere Stromanschluss, Stromzähler, Technikeinheit, uneingeschränkt zu errichten, wieder aufzubauen, baulich zu ändern, instand zu setzen, instand zu halten, dauernd zu unterhalten und zu nutzen." Auf dem Dach des Gebäudes befindet sich derzeit eine Mobilfunkanlage. Der Wohnungseigentümer beabsichtigt die Montage zweier weiterer Anlagen. Hiergegen wenden sich die übrigen Wohnungseigentümer - mithin erfolgreich. Zwar lassen sich aus dem Wortlaut der Regelung allein noch keine eindeutigen Erkenntnisse zu deren Auslegung gewinnen. Jedenfalls wird das Wort "ein" in der deutschen Sprache sowohl als Zahlwort als auch als unbestimmter Artikel gebraucht. Nach Auffassung des BGH ergibt sich jedoch aus dem Regelungszweck und der Systematik der entsprechenden Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung, dass die Bezeichnung im vorliegenden Fall jedenfalls auch im Sinne eines Zahlworts zu verstehen ist. Des Weiteren verfolgt die Vorschrift darüber hinaus noch ein weiteres Ziel. Aus Sicht der Beteiligten besteht ein Regelungsbedarf im Allgemeinen nicht nur in qualitativer, sondern auch und erst recht in quantitativer Hinsicht. Die Anzahl der erlaubten Funkfeststationen auf dem Dach des gemeinschaftlichen Gebäudes ist nämlich für sämtliche Beteiligten von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Dabei stehen sich die Interessen des jeweiligen Berechtigten und der übrigen Wohnungseigentümer gegenüber. Während der Berechtigte bei Errichtung mehrerer Anlagen höhere Mieteinnahmen von den Mobilfunkbetreibern erzielen wird, kann dies bei den Wohnungen der anderen Eigentümer zu einem gravierenden Wertverlust führen. Angesichts dieser widerstreitenden Interessen ist davon auszugehen, dass die Bestimmung im Zweifel nicht nur zur Art, sondern auch zum Umfang der erlaubten Nutzung eine Regelung herbeiführen soll.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss vom 30.03.2006, V ZB 17/06

Fazit:

Weiterer sehr wichtiger Aspekt dieser Entscheidung ist die Klarstellung des BGH, dass Unterlassungsansprüche, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen, nicht von der Wohnungseigentümergemeinschaft als solcher geltend gemacht werden können, da diese nicht Miteigentümerin des Gemeinschaftseigentums ist, sondern allein von den einzelnen Wohnungseigentümern. Zwar können die Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche mit der gerichtlichen Durchsetzung eines derartigen Anspruchs beauftragen, ist aber ein derartiger Beschluss nicht gefasst, kann die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche auch nicht als Antragstellerin fungieren. Antragsteller sind vielmehr die übrigen Wohnungseigentümer.

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