Leitsatz

Bei Abschluss eines Mietvertrags mit einer GbR, die von allen Gesellschaftern gemeinsam vertreten wird, ist die Schriftform des § 550 BGB nur gewahrt, wenn alle Gesellschafter unterzeichnen oder eine Unterschrift den Hinweis enthält, dass der unterzeichnende Gesellschafter auch diejenigen Gesellschafter vertreten will, die nicht unterzeichnet haben. Dies gilt auch dann, wenn sich aus einem neben der Unterschrift befindlichen Stempel ergibt, dass die Gesellschaft Vertragspartei werden soll.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Normenkette

BGB § 550

 

Kommentar

Der zur Entscheidung stehende Fall betrifft ein gewerbliches Mietverhältnis über Räume zum Betrieb einer Rechtsanwalts-, Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterkanzlei. Die Kanzlei wird in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betrieben. Die GbR besteht aus mehreren Gesellschaftern; sie wird von sämtlichen Gesellschaftern gemeinsam vertreten. Der Mietvertrag wurde am 1.8.2002 abgeschlossen; er ist bis zum 31.7.2012 befristet. Die Mietvertragsurkunde wurde auf der Mieterseite lediglich von einem der Gesellschafter unterzeichnet. Neben der Unterschrift befindet sich der Stempel der GbR.

Die Mieterin hat das Mietverhältnis mit Schreiben vom 15.9.2009 zum 31.3.2010 gekündigt. Der Vermieter hat die Wirksamkeit der Kündigung im Hinblick auf die vereinbarte Befristung bestritten. Die Mieterin klagt auf Feststellung, dass das Mietverhältnis durch die Kündigung beendet worden ist.

Das Gericht hat der Klage stattgegeben: Wird ein Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er auf unbestimmte Zeit. Ein solcher Vertrag kann gem. § 550 BGB nach Ablauf des ersten Mietjahrs von jeder Partei gekündigt werden. Die Schriftform ist gewahrt, wenn die Vertragsurkunde vom Vermieter und vom Mieter eigenhändig unterzeichnet wird; bei mehreren Vermietern oder Mietern müssen alle Beteiligten unterschreiben. Die jeweiligen Vertragsparteien können sich bei der Unterschrift vertreten lassen. In einem solchen Fall muss sich aus der Vertragsurkunde grundsätzlich ergeben, dass der Unterzeichnende in Vertretung der Vertragspartei gehandelt hat (BGH, Urteil v. 5.11.2003, XII ZR 134/02, NJW 2004 S. 1103 betr. GbR; Urteil v. 16.7.2003, XII ZR 65/02, NJW 2003 S. 3053 betr. GbR; Urteil v. 11.9.2002, XII ZR 187/00, NJW 2002 S. 3389 betr. Erbengemeinschaft; Urteil v. 7.5.2008, XII ZR 69/06, NJW 2008 S. 2178). Von diesem Grundsatz gilt eine wichtige Ausnahme. Die Schriftform ist auch ohne Vertretungszusatz gewahrt, wenn die Vertretung der Vertragspartei durch den Unterzeichner auf andere Weise hinreichend bestimmbar ist. Nach der Rechtsprechung des BGH ist dies insbesondere in 2 Fällen anzunehmen:

  1. Wenn eine einzelne natürliche Person Vermieter oder Mieter ist und der Vertrag durch einen Dritten unterschrieben wird. Hier ist klar, dass der Unterzeichner nicht für sich, sondern für die Vertragspartei handeln will.
  2. Wenn die Mietsache von einer juristischen Person vermietet wird oder wenn eine juristische Person Mieter ist: In diesem Fall ist klar, dass der Unterzeichner nicht für sich, sondern für die juristische Person handeln will (BGH, Urteil v. 19.9.2007, XII ZR 121/05, NJW 2007 S. 3346).

Die zweite Ausnahme gilt aber nur, wenn der Unterzeichner alleinvertretungsberechtigt ist oder wenn es sich um einen Dritten handelt. So hat der BGH für die Aktiengesellschaft entschieden, dass die Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind, wenn der Vorstand einer AG aus mehreren Personen besteht. Wird der Mietvertrag in einem solchen Fall nur von einem Vorstandsmitglied unterzeichnet, ist die Schriftform nur gewahrt, wenn sich aus einem Zusatz zur Unterschrift (etwa durch den Vermerk "i. V.") ergibt, dass der Unterzeichner zugleich für die übrigen Vorstandsmitglieder unterzeichnen will (BGH, Urteil v. 4.11.2009, XII ZR 86/07, NJW 2010 S. 1453). Anderenfalls bleibt unklar, ob die Urkunde unvollständig ist und es zur Wirksamkeit des Vertrags noch einer weiteren Unterschrift bedarf.

Hier wurde der Mietvertrag nur von einem Gesellschafter ohne Vertreterzusatz unterzeichnet. Allerdings kann man wegen des beigefügten Stempels die Ansicht vertreten, dass allein die GbR aus dem Vertrag berechtigt und verpflichtet werden sollte. Das Oberlandesgericht hat dies im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH verneint aber zur endgültigen Klärung der Rechtslage die Revision zugelassen. Der Vermieter hat dieses Rechtsmittel eingelegt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Urteil v. 16.2.2011, I-30 U 53/10, ZMR 2011 S. 632

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