Durch das Mietrechtsänderungsgesetz 2013[1] wurde § 536 BGB um einen Absatz 1a erweitert. Danach gilt:

Zitat

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

[1] v. 11.3.2013, BGBl I v. 18.3.2013 S. 434.

4.1 Anwendungsbereich

4.1.1 Energiesparende Maßnahmen

Die Regelung gilt nur für energiesparende, nicht für klimaschützende oder wassersparende Maßnahmen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Maßnahme aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung oder freiwillig durchgeführt wird. Fällt die Maßnahme sowohl unter § 555b Nr. 1 BGB als auch unter § 555b Nr. 4 BGB (z. B. Maßnahmen nach der EnEV), so gilt der Minderungsausschluss.

Durch die Bezugnahme auf § 555b Nr. 1 BGB wird klargestellt, dass nur solche Modernisierungen unter Absatz 1a fallen, die eine Einsparung von Endenergie zur Folge haben. Führt eine solche Maßnahme nur bei einzelnen Wohnungen zu einer Einsparung von Endenergie, so gilt der Minderungsausschluss nur für diese Wohnungen.

 
Wichtig

Quantität der Energieeinsparung nicht entscheidend

Auf das Ausmaß der Energieeinsparung kommt es allerdings nicht an.

4.1.2 Modernisierende Instandsetzung

Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung werden ebenfalls von der Vorschrift erfasst.

 
Praxis-Beispiel

Modernisierende ­Instandsetzung

Austausch reparaturbedürftiger Fenster mit Einfachverglasung gegen Fenster mit Isolierverglasung

Werden zur selben Zeit sowohl Instandsetzungs- als auch Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt und beeinträchtigen beide Maßnahmen den Gebrauch,

 
Praxis-Beispiel

Instandsetzungs- plus Modernisierungsmaßnahmen

Errichtung eines Gerüsts zwecks Balkonsanierung und Wärmedämmung der Fassade

so soll es nach der Gesetzesbegründung darauf ankommen, "welche Beeinträchtigungen auf die jeweiligen Maßnahmen entfallen". Im Streitfall soll das Gericht "die Anteile nach § 287 ZPO schätzen und so bestimmen, welche Beeinträchtigungen zu einer vorübergehenden Minderung führen und welche nicht".[1] Dies funktioniert, wenn die Maßnahmen nacheinander durchgeführt werden.

Anders ist es, wenn sie zur gleichen Zeit stattfinden. Hier dürfte ein erhebliches Streitpotenzial gegeben sein. Dies gilt insbesondere, wenn ein Gebäude umfassend saniert wird. Dann werden die entsprechenden Maßnahmen teils unter § 555a BGB (Erhaltungsmaßnahmen), teils unter § 555b Nr. 1 BGB (energetische Modernisierung im engeren Sinn), teils unter § 555b Nr. 2 BGB (energetische Modernisierung im weiteren Sinn), teils unter § 555b Nr. 3–7 BGB (sonstige Modernisierung) fallen.

In der Literatur wird hierzu zum Teil vertreten, dass die Voraussetzungen des § 287 ZPO in Fällen dieser Art nicht gegeben sind, weil eine Schätzung nur hinsichtlich der Schadens- oder Beeinträchtigungshöhe zulässig sei.[2] Richtig ist wohl, dass das Gericht in Bagatellfällen auf § 287 Abs. 2 ZPO zurückgreifen kann. In anderen Fällen dürfte ein Rückgriff auf § 287 ZPO aber ausscheiden.

 
Hinweis

Sachverständiger begutachtet Gebrauchsbeeinträchtigung

Die jeweilige Zuweisung der Gebrauchsbeeinträchtigung dürfte ohne das Beiziehen von Sachverständigen nicht möglich sein. Die Kosten stehen dann in keinem Verhältnis zum Nutzen.

[1] BT-Drucks. 17/10485 S. 18.
[2] Zehelein, WuM 2012, S. 418.

4.1.3 Minderung und Aufhebung der Gebrauchstauglichkeit

§ 536 Abs. 1 BGB unterscheidet zwischen einem Mangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch "aufhebt" (Satz 1), und dem Mangel, der die Tauglichkeit mindert (Satz 2). Nach dem Wortlaut von Absatz 1a gilt der Minderungsausschluss nur für die Minderung der Tauglichkeit. Führt die Modernisierungsmaßnahme also zum vollständigen Ausschluss der Gebrauchstauglichkeit, ist der Mieter von der Mietzahlung befreit.

Diese Auslegung ergibt auch einen Sinn, wenn man die Vorschrift unter dem Gesichtspunkt einer ausgewogenen Lastenverteilung betrachtet: Dem Mieter wird zwar zugemutet, eine Beschränkung der Gebrauchstauglichkeit entschädigungslos hinzunehmen; dagegen soll er nicht zur Mietzahlung verpflichtet sein, wenn er die Wohnung überhaupt nicht nutzen kann.

 
Hinweis

Gebrauchsaufhebung nicht in Gesetzesbegründung aufgeführt

Da dieser Fall in der Begründung nicht erwähnt wird, erscheint allerdings zweifelhaft, ob diese Rechtsfolge gewollt ist und ob die Vorschrift von den Gerichten in diesem Sinne ausgelegt wird.

4.1.4 Aufwendungen für Ersatzwohnung

Unklar ist, welcher Zusammenhang zwischen § 536 Abs. 1a BGB und § 555d Abs. 6 BGB besteht. Nach dieser Vorschrift hat der Mieter Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die er infolge der Modernisierungsmaßnahme machen musste.

 
Praxis-Beispiel

Kosten einer Ersatz­wohnung

Hierzu können auch die Kosten für eine anderweitige Unterkunft gehören.

Dies führt zu der Frage, ob sich der Mieter den modernisierungsbedingten Gebrauchsbeeinträchtigungen ohne Weiteres durch die Anmietung einer Ersatzwohnung entziehen kann oder ob sich aus § 536 Abs. 1a BGB (Gesichtspunkt der ausgewogenen Lastenverteilung)[1] ergibt, dass dem Mieter gewisse (aber welche?) Gebrauchsbeeinträchtigungen zuzumuten sind.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge