Unter einer Minderung versteht man eine Reduzierung der Miete beim Auftreten von Mängeln. Der Mieter muss die Minderung nicht ankündigen; es genügt, wenn der Mangel angezeigt wird. Der Mieter ist auch nicht verpflichtet, dem Vermieter eine Frist zur Mängelbeseitigung einzuräumen.[1]

Nach dem Gesetz ist die Miete also automatisch gemindert, solange ein Mangel vorliegt.[2] Eine Mietminderung muss also nicht beim Vermieter beantragt werden, sie hängt auch nicht von seiner Zustimmung ab.

1.1 Begriff der Mängel

1.1.1 Gebrauchsbeeinträchtigungen, die durch eine fehlerhafte Beschaffenheit der Mietsache hervorgerufen werden

Ein Mangel liegt bereits dann vor, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass der Mietgebrauch durch die infrage stehende Beschaffenheit jederzeit erheblich beeinträchtigt werden könnte.[1] Dabei genügt es, wenn die Mietsache so beschaffen ist, dass sie nur unter Inkaufnahme einer Gefahr oder eines Risikos genutzt werden kann. Maßgeblich ist die Einschätzung eines "verständigen Durchschnittsmieters". Hiervon sind jene Fälle zu unterscheiden, in denen sich die fehlerhafte Beschaffenheit nur periodisch in einem vorhersehbaren Zeitraum erheblich auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache auswirkt.[2]

[2] BGH, Urteil v. 15.12.2010, XII ZR 132/09 unter Rz. 13: Keine Minderung in den Monaten September bis November wegen erhöhter Innentemperaturen im Sommer; keine Minderung wegen Nichtnutzbarkeit einer Terrasse/Balkon während der Wintermonate.

1.1.2 Beeinträchtigungen durch die Beschaffenheit benachbarter Räume oder Gebäudeteile

Es genügt, wenn der Mieter mit dem Eintritt eines Schadens rechnen muss.

1.1.3 Umwelteinflüsse

Umwelteinflüsse gelten als Mangel, wenn sie einen negativen Einfluss auf die Gebrauchstauglichkeit ausüben. Ein nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft verschlechtertes Umfeld hat Einfluss auf die ortsübliche Vergleichsmiete, weil nach § 558 Abs. 2 BGB das Kriterium der "Lage" eine wichtige Rolle spielt. Dies ist bei der Bemessung der Minderungsquote zu berücksichtigen, weil es anderenfalls zu einer doppelten Herabsetzung der Miete käme. Die Minderung muss auf der Basis einer dem tatsächlich entsprechenden Zustand gebildeten, hypothetisch berechneten ortsüblichen Vergleichsmiete vorgenommen werden.[1]

 
Praxis-Beispiel

Umwelteinflüsse

Baulärm aus der Nachbarschaft, Straßenbauarbeiten

In diesem Bereich ist allerdings zwischen den unmittelbaren und den mittelbaren Beeinträchtigungen zu unterscheiden. Zur Gruppe der unmittelbaren Beeinträchtigungen zählen etwa Erschwernisse des Zugangs zu gemieteten Ladenräumen infolge von Bauarbeiten in der Nachbarschaft; solche Beeinträchtigungen werden als Mangel bewertet. Zu den mittelbaren Beeinträchtigungen gehören solche Umstände, die zwar für die Attraktivität der Umgebung von Bedeutung sind, aber keinen unmittelbaren Einfluss auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache haben. So hat das LG Hamburg[2] 35 % Mietminderung bei erheblicher Belästigung durch eine nahe Großbaustelle angenommen, das AG Berlin-Mitte[3] 30 % bei Baustellenlärm auch des Nachts.

 
Wichtig

Mietminderung wegen Baulärms

In einem neuen Urteil hat der BGH[4] einem Mieter eine Mietminderung wegen Baulärms, ausgehend von einem Nachbargrundstück, untersagt.

Dabei handelt es sich um die Schließung einer Baulücke. Das Risiko einer Veränderung des Umfelds der Wohnung dürfe insoweit nicht einfach dem Vermieter zugewiesen werden. Habe der Vermieter selbst keine rechtliche Handhabe gegen Lärmimmissionen vom Nachbargrundstück, könne der Mieter sich nicht bei ihm schadlos halten. Es handele sich dann um typische Baustellenimmissionen, die nicht automatisch einen Mangel darstellen würden.

Minderung tritt kraft Gesetzes ein

Die Minderung tritt kraft Gesetzes ein.[5] Deshalb kann der Mieter auch dann mindern, wenn er die Sache nicht nutzt[6], etwa weil er die Räume bereits vor dem Ende der Mietzeit zurückgegeben hat.[7] Umgekehrt bleiben aber auch besondere Umstände in der Person des Mieters (z. B. hohe Lärmempfindlichkeit) unberücksichtigt.[8]

Auf Verschulden des Vermieters kommt es nicht an

Auf ein Verschulden des Vermieters am Mangel kommt es nicht an. Unerheblich ist auch, ob der Vermieter den Mangel beseitigen kann. Deshalb kann der Mieter auch dann mindern, wenn der Mangel infolge einer Naturkatastrophe (z. B. Überschwemmung) eingetreten ist.[9] Die Rechtsprechung neigt zur Einschränkung der Gewährleistungspflicht bei Umständen, die der Vermieter nicht beherrschen kann.[10]

 
Hinweis

Allgemeines Lebensrisiko

Was zum allgemeinen Lebensrisiko gehört, ist kein Mangel.[11]

[1] Gsell, NZM 2016, S. 702, 709.
[3] MM 2007 S. 183.
[5] BGH, Urteil v. 29.10.1986, VIII ZR 144/85, NJW 1987 S. 432; BGH, Urteil v. 27.2.1991, XII ZR 47/90, NJW-RR 1991 S. 779 = WuM 1991 S. 544; GE 1997 S. 1096; OLG Düsseldorf, Urteil v. 12.7.1990, 10 U 4/90, DWW 1990 S. 364.
[6] BGH, Urteil v. 29.10.1986, VIII ZR 144/85, WuM 1987 S. 53; OLG Düsseldorf, DWW 1990 S. 364.
[8] Bausch, NZM 2008 S. 874.
[9] Eisenschm...

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