Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. Angemessenheit eines Kraftfahrzeuges. Verwertbarkeit von Kapitallebensversicherungen

 

Orientierungssatz

1. Ein zur Mittelklasse zählendes, fünftüriges, Superbenzin verbrauchendes Kraftfahrzeug mit 105 PS und einem Verkehrswert von 9.600 Euro eines alleinstehenden Arbeitsuchenden, stellt kein angemessenes Kraftfahrzeug iS von § 12 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB 2 dar. Der den noch als angemessen anzusehenden Verkehrswert in Höhe von 5.000 Euro übersteigende Betrag in Höhe von 4.600 Euro ist nach § 12 Abs 1 SGB 2 als Vermögen zu berücksichtigen.

2. Die Verwertung von Kapitallebensversicherungen, deren Rückkaufswert die jeweilige Summe der eingezahlten Beiträge um ca 13% bzw 19% unterschreitet, ist nicht offensichtlich unwirtschaftlich iS von § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB 2 und stellt auch keine besondere Härte dar.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 06.09.2007; Aktenzeichen B 14/7b AS 66/06 R)

 

Tenor

1.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 21.11.2005 wird zurückgewiesen.

2.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der 1958 geborene Kläger einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Arbeitslosengeld II - für die Zeit vom 25.03.2005 bis zum 11.05.2005 hat.

Der Kläger ist gelernter Drucker (Fachrichtung Setzer) und Reservist der Bundeswehr im Dienstgrad Hauptfeldwebel.

Nach viermonatiger Arbeitslosigkeit leistete der Kläger seinen ersten Auslandseinsatz für die Bundeswehr in der Zeit von April bis November 2000 im KFOR-Kontingent im ehemaligen Jugoslawien in P. Anschließend absolvierte der Kläger von Dezember 2000 bis Februar 2002 eine Ausbildung beim Deutschen Roten Kreuz zum Sanitäter. Im darauf folgenden Einsatz für die Bundeswehr im ISAF-Kontingent in Afghanistan in K war der Kläger als Sanitäter der Bundeswehr eingesetzt. Von November 2002 bis März 2002 leistete der Kläger als Soldat im SFOR-Kontingent der Bundeswehr in F, Serbien und Montenegro, Dienst. Von November 2003 bis Mai 2004 war der Kläger in einem Auslandeinsatz für die Bundeswehr im ISAF-Kontingent in Afghanistan mit Stationierung in T, Usbekistan tätig. Vom 15.11. bis zum 17.12.2004 nahm der Kläger an einer inländischen Wehrübung beim Sanitätsführungskommando in K teil. Vom 18.12.2004 bis zum 31.12.2004 bezog er Arbeitslosenhilfe. Vom 03.01. bis zum 24.03.2005 leistete der Kläger Wehrdienst im Lazarettregiment 21 in R/W.

Am 25.03.2005 stellte der Kläger einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er gab in seinem Antrag an, er habe einen Pkw Marke Seat Leon Erstzulassung im Jahre 2001 mit einem geschätzten Wert von 12.000,- €. Er legte Unterlagen über Sparguthaben in Höhe von 361,97 € und 80,43 € sowie über ein Guthaben auf dem Girokonto in Höhe von 658,58 € vor. Hinsichtlich Lebensversicherungen legte der Kläger Unterlagen vor über Lebensversicherungen mit einem Rückkaufswert von 4.002,74 € (eingezahlt 4.596,24 €) und 2.520,05 € (eingezahlt 3.090,91 €). Es wurde ein Auszug über eine Rentenversicherung mit einem Rückkaufswert von 6.557,50 € (eingezahlt 12.655,95 €, Gesamtwert 51.843,35 €) eingereicht. Die Beklagte stellte über den ADAC Auto und Motorrad im Internet mit Datum vom 30.03.2005 den Wert des Gebrauchtfahrzeuges des Klägers fest und ermittelte hierbei unter Berücksichtigung der Laufleistung, der Zulassung und der Ausstattung des Pkws des Klägers einen Händlerverkaufspreis von 9.600,- €.

Mit Schreiben vom 26.04.2005 wurde der Kläger aufgrund seiner schriftlichen Erklärung vom 08.01.2005 zu einer besonderen Auslandsverwendung in K/Afghanistan für die Zeit vom 12.05. bis zum 30.09.2005 vom Kreiswehrersatzamt K einberufen.

Mit Bescheid vom 30.03.2005 und Widerspruchsbescheid vom 25.04.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab. Der Kläger sei nicht hilfebedürftig. Er habe Grundfreibeträge in Höhe von 9.950,00 €. Dem würde ein zu berücksichtigendes Vermögen von insgesamt 12.223,77 € gegenüberstehen. Die Versicherung, die zu einer Abfindung von 51.843,35 € führe und einen Rückkaufswert von 6.260,63 € habe, bleibe unberücksichtigt. Insoweit sei der Verlust beim Rückkauf der Versicherung zu hoch. Das zu berücksichtigende Vermögen belaufe sich auf 2.273,77 €.

Durch Urteil vom 21.11.2005 hat das Sozialgericht Speyer (SG) die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, bei dem Kraftfahrzeug, das der Kläger besitze, handele es sich nicht um ein angemessenes Fahrzeug. Die Verwertung der Lebens- und Rentenversicherungen des Klägers stellten keine unzumutbare Härte dar und seien auch nicht unwirtschaftlich. Insoweit sei nicht auf die frühere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts abzustellen, sondern vielmehr auf die Rechtsprechung des Bundesverwal...

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