Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs. Entlassungsentschädigung nach § 1a KSchG. tarifvertraglicher Ausschluss der ordentlichen Kündigung. Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften. Anwendung der fiktiven Kündigungsfrist. Nichtzulässigkeit einer fristgebundenen Kündigung aus wichtigem Grund

 

Orientierungssatz

1. Kann einem Arbeitnehmer (hier: bei den Stationierungsstreitkräften) auf Grund einer tarifvertraglichen Regelung nur noch bei Zahlung einer Abfindung ordentlich gekündigt werden, so führt auch die Entlassungsentschädigung, die auf Grundlage des § 1a KSchG gezahlt wurde, zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, wenn die fiktive Kündigungsfrist des § 143a Abs 1 S 4 SGB 3 nicht eingehalten worden ist.

2. Zur Nichtzulässigkeit einer fristgebundenen Kündigung aus wichtigem Grund iS des § 143a Abs 1 S 3 Nr 2 Alt 2 SGB 3.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 08.12.2016; Aktenzeichen B 11 AL 5/15 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 24.10.2012 - S 1 AL 432/11 - aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des Ruhens seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) in der Zeit vom 01.10.2011 bis zum 23.01.2012 wegen Zahlung einer Entlassungsentschädigung.

Der 1955 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.06.1977 bis zum 30.09.2011 als Elektroinstallateur bei den amerikanischen Streitkräften, zuletzt in M , versicherungspflichtig bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden beschäftigt gewesen. Auf das Arbeitsverhältnis fanden der Tarifvertrag vom 16.12.1966 für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II), der Tarifvertrag vom 31.08.1971 zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TVSozSich (TASS)) sowie der Tarifvertrag vom 02.07.1997 über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) Anwendung. Im Rahmen der Truppenveränderungen der US-Army in Heidelberg in den Geschäftsjahren 2010 bis 2015 wurde ein Stufenkonzept für die Schließung der Standorte M und H entwickelt. Danach löste die US-Army ihre Standorte in M , H und S vollständig auf und verlagerte diese teilweise nach W bzw K . Bis 2015 sah das Stufenkonzept eine Verringerung der ortsansässigen Zivilbeschäftigten an den Standorten M und

H um 1.302 Mitarbeiter vor. Der erste Stufenplan betraf die Schließung der Standorte in M , so dass bis zum 31.05.2011 insgesamt 369 Arbeitsplätze weggefallen sind.

Der Arbeitgeber (Department Of The Army, United States Army Garrison M ) überreichte dem Kläger am 23.02.2011 ein Schreiben über eine ordentliche Kündigung zum 30.11.2011. Zur Begründung wurde ua angeführt, das US-Verteidigungsministerium habe am 23.07.2010 bekannt geben, dass die Militärstandorte im Raum H /M zwischen 2010 und 2015 sukzessive aufgegeben und an die Bundesrepublik Deutschland zurückgegeben würden. Die Inaktivierung der Militäreinheit United States Army Garrison M habe demnach bis Ende Mai 2011 zu erfolgen. Als Folge dieser Inaktivierung habe das Hauptquartier, United States Army Europe als oberste Dienstbehörde, entschieden, die personalvertretungsrechtliche Dienststelle United States Army Garrison M (USAG MA) zum 31.05.2011 ebenfalls aufzulösen. Aufgrund dieser organisatorischen Maßnahme gerieten alle Planstellen der personalvertretungsrechtlichen Dienststelle USAG M in ihrer Gesamtheit in Wegfall. Hiervon sei auch die Planstelle des Klägers betroffen. Das mit ihm bestehende Arbeitsverhältnis werde daher aus dringenden betrieblichen Gründen unter Einhaltung der tariflichen Kündigungsfrist zum 30.11.2011, vorsorglich zum nächstmöglichen Kündigungstermin, gekündigt. Die Rechte der Arbeitnehmervertretung seien gewahrt. Den Gremien sei die betriebsbedingte Kündigung vorgelegt worden. Das zuständige Integrationsamt habe der Maßnahme zugestimmt. Sollte sich unter Berücksichtigung seiner sozialen Schutzwürdigkeit sowie seiner persönlichen und beruflichen Qualifikation bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einer anderen Dienststelle der US-Streitkräfte ergeben, seien sie bestrebt, diesen Unterbringungsanspruch unter entsprechender Anwendung der Bestimmungen des § 4 SchutzTV zu erfüllen. Ein entsprechendes Angebot werde ihm gegebenenfalls unterbreitet. Es werde darauf hingewiesen, dass Arbeitnehmer nicht für eine Teilnahme an einer Transfergesellschaft in Betracht kämen, die ein Weiterbeschäftigungsangebot erhalten und es ohne entsprechende Gründe im Sinne des § 4 SchutzTV abgelehnt hätten. Das Gleiche gelte, wenn ein Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung erhoben habe. Das Bundesministerium der Finanzen habe bestätigt, dass grundsätzlich der sachliche Anwendungsbereich des TV...

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