Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. Student. Hochschulsport. organisatorischer Verantwortungsbereich der Hochschule. kein Ausschluss wegen Wettkampfcharakters. Abgrenzung zum Betriebssport. Teilnahme an den Deutschen Hochschulmeisterschaften. der Uni wesentlich dienende Tätigkeit: Förderung des Leistungssports und Repräsentation der Universität

 

Orientierungssatz

1. Ein Sportstudent steht während der von seiner Universität organisierten und finanzierten Teilnahme seiner Universitätsmannschaft an den vom ADH organisierten Deutschen Hochschulmeisterschaften im Basketball im Rahmen des allgemeinen Hochschulsports gem § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Die für Beschäftigte geltenden Grundsätze zum Betriebssport, insbesondere zum Wettkampfsport, sind nicht nur für Schüler iS des § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst b SGB 7, sondern auch im Rahmen des Versicherungsschutzes nach § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB 7 nicht anwendbar.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.12.2014; Aktenzeichen B 2 U 10/13 R)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 27.1.2012 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob der Kläger bei der Teilnahme an der Deutschen Hochschulmeisterschaft im Basketball unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.

Der 1980 geborene Kläger studiert an der Universität M Wirtschaftspädagogik mit dem Doppelwahlpflichtfach Sport. Im Sommer 2009 nahm er mit der Hochschulmannschaft der Universität M an den Deutschen Hochschulmeisterschaften im Basketball in K teil. Die Universität M trug die Fahrkosten sowie die Kosten der Unterbringung und Verpflegung während des Turniers. Bei einem Spiel am 27.6.2009 erlitt der Kläger eine Verletzung am linken Knie (schweres Anpralltrauma mit Kniegelenkserguss und ua vorderer Kreuzbandruptur). Mit Bescheid vom 31.8.2009 und Widerspruchsbescheid vom 4.11.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung dieses Unfalls als Arbeitsunfall iSd § 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ab. Zur Begründung hieß es: Nach § 2 Abs 1 Nr 8 Buchstabe c SGB VII seien Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen gesetzlich unfallversichert. Versicherungsschutz bestehe zwar grundsätzlich auch bei der Teilnahme am allgemeinen Hochschulsport. Nicht unter Versicherungsschutz stünden aber das Betreiben von Leistungssport und die Teilnahme an Wettkämpfen. Die Deutsche Hochschulmeisterschaft habe im Übrigen nicht im organisatorischen Verantwortungsbereich der Universität M stattgefunden, da sie vom Allgemeinen Deutschen Hochschulsport (ADH) organisiert und finanziert worden sei.

Mit seiner am 18.11.2009 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Das Sozialgericht (SG) hat den Kläger persönlich angehört sowie den Leiter des Hochschulsports der Universität M Dr S und das Vorstandsmitglied im ADH J als Zeugen vernommen. Dr S hat ua angegeben, die Finanzierung der Teilnahme der Mannschaften an der Deutschen Hochschulmeisterschaft im Basketball obliege im Wesentlichen den teilnehmenden Universitäten. Die Organisation werde vom Ausrichter, im vorliegenden Fall von der Universität K , übernommen. Durch Urteil vom 27.1.2012 hat das SG Mainz unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides festgestellt, dass der Unfall des Klägers vom 27.6.2009 ein versicherter Arbeitsunfall sei. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger sei bei seinem Unfall vom 27.6.2009 nach § 2 Abs 1 Nr 8 Buchstabe c SGB VII unfallversichert gewesen. Für die Bewertung des Versicherungsschutzes beim Hochschulsport seien die Grundsätze zum versicherten Betriebssport nicht anwendbar (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG - 28.8.1968 - 2 RU 67/67, juris). Der Hochschulsport (einschließlich des Breiten- und Leistungssports) sei nach § 101 Hochschulgesetz Rheinland-Pfalz (HochSchG) Aufgabe der Hochschule. Der Versicherungsschutz sei weiter als beim Betriebssport, da der Hochschulsport enger als dieser mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit verbunden sei. Die Teilnahme des Klägers an den Hochschulmeisterschaften sei im Rahmen des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Universität M erfolgt, da diese für die Organisation der Teilnahme der Mitspieler an den Meisterschaften zuständig gewesen sei. Die Universität habe ein wesentliches Interesse an der Teilnahme des Klägers gehabt, weil es für sie darum gegangen sei, dass die besten Spieler mitgewirkt hätten, um eine möglichst gute Platzierung zu erzielen. Zu beachten sei zudem, dass das Studium des Klägers sportbezogen gewesen sei. Bei den Hochschulmeisterschaften habe es sich nicht um Spitzensport gehandelt.

Gegen dieses ihr am 10.5.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.5.2012 eingelegte Berufung der Beklagten, die vorträgt: Die rechtliche Beurteilung des SG würde zu einer nich...

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