Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankengeld. Leistungsbezieher nach dem SGB 3. verweisbare Tätigkeit

 

Orientierungssatz

Ist ein Versicherter bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit arbeitslos, so kann nicht auf die vor der Arbeitslosigkeit zuletzt verrichtete Beschäftigung abgestellt werden. Bezugsrahmen für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit sind in diesem Fall vielmehr alle Tätigkeiten, in die er als Arbeitsloser zumutbar vermittelt werden könnte (vgl BSG vom 19.9.2002 - B 1 KR 11/02 R).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.12.2004; Aktenzeichen B 1 KR 5/03 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld über den 17.01.1999 hinaus.

Die 1947 geborene Klägerin, gelernte Friseurin, hat zuletzt bis September 1996 vollschichtig als Serviererin in einem Café gearbeitet. Sie war sodann vom 16.09.1996 bis 06.10.1997 wegen einer Brustkrebserkrankung arbeitsunfähig erkrankt; das Beschäftigungsverhältnis wurde zum 31.03.1997 gekündigt. Seit dem 06.10.1997 war die Klägerin arbeitslos gemeldet, bezog Arbeitslosengeld von der Bundesanstalt für Arbeit und war bei der Beklagten weiterhin in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert.

Während bestehender Arbeitslosigkeit erkrankte die Klägerin ab dem 11.05.1998 an einer reaktiven Depression und war erneut arbeitsunfähig. Im Anschluss an die Leistungsfortzahlung des Arbeitsamtes bezog sie von der Beklagten Krankengeld. Auf deren Veranlassung erfolgten mehrere Begutachtungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Der Sozialmediziner W diagnostizierte im Gutachten vom 08.01.1999 bei der Klägerin ein psychovegetatives Syndrom mit rezidivierender depressiver Symptomatik, ein Handrückenoedem links bei Zustand nach brusterhaltender Operation eines Mamma-Karzinoms 1996, ein medikamentös kompensiertes epileptisches Anfallsleiden, ein derzeit gering ausgeprägtes rezidivierendes HWS-Syndrom mit Schulter-Arm-Syndrom beiderseits sowie eine Arthrose des linken Großzehengrundgelenkes. Sozialmedizinisch bedeute der erhobene Befund eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit, jedoch bestehe kein aufgehobenes Leistungsvermögen; auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten noch vollschichtig leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne volle Gebrauchsfähigkeit des linken Armes und der Hand sowie ohne Gefährdung durch laufende Maschinen und ohne Zeitdruck verrichtet werden. Mit Bescheid vom 14.01.1999 stellte die Beklagte gestützt auf diese Beurteilung die Krankengeldgewährung mit Ablauf des 17.01.1999 ein. Der Widerspruch der Klägerin und ihrer behandelnden Ärzte blieb nach nochmaliger Beteiligung des MDK -- Gutachten der Sozialmediziner W vom 18.01.1999 sowie T vom 05.02.1999 und 26.02.1999 -- erfolglos (Bescheid vom 19.08.1999 und Widerspruchsbescheid vom 29.08.2000).

Im Klageverfahren hat die Klägerin medizinische Befundunterlagen vorgelegt und sich für die weiter bestehende Arbeitsunfähigkeit auch auf die Bescheide der Versorgungsverwaltung vom 30.06.1997 und 28.09.2001 gestützt, in denen zuletzt ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 festgestellt worden ist. Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht Trier (SG) vom behandelnden Arzt Dr. P ein allgemeinmedizinisches Gutachten vom 26.06.2001 eingeholt. Dieser ist zum Ergebnis gelangt, dass die Klägerin auf Grund ihrer multiplen Beschwerdesymptomatik über den 17.01.1999 hinaus nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihrer bisher ausgeübten Erwerbstätigkeit oder einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Voll- oder Teilzeit nachzugehen.

Durch Urteil vom 10.10.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe zu recht die Krankengeldgewährung mit dem 17.01.1999 eingestellt. Das Gericht schließe sich den zeitnahen Beurteilungen des MDK an. Danach habe zum Zeitpunkt der streitigen Krankengeldeinstellung bei der Klägerin ein epileptisches Anfallsleiden vorgelegen, welches aber medikamentös kompensiert gewesen sei. Dies habe auch Dr. P in seinem auf Antrag der Klägerin eingeholten Gutachten ausdrücklich bestätigt. Die 1996 operierte Brustkrebserkrankung habe im weiteren Verlauf zwar immer wieder zu Schwellungen der linken Hand geführt, weswegen regelmäßig Lymphdrainagen durchgeführt worden seien, jedoch sei der linke Arm bei der Untersuchung am 04.01.1999 gut beweglich, der Nacken- und Schürzengriff beidseits zwar verzögert aber vollständig erfolgt. Ein Anhalt für ein Rezidiv oder Metastasen habe nicht bestanden, was eine durchaus ermutigende Feststellung sei. Ansonsten habe der Hausarzt der Klägerin -- Dr. P -- damals Injektionen ins rechte Knie verabreicht, wobei aber die klinische Untersuchung am 04.01.1999 in beiden Kniegelenken eine freie Beweglichkeit ohne Reiz- oder Ergusszeichen ergeben habe. Die Standprüfungen und das Gangbild seien unauffällig gewesen, eine orthopädische Behandlung habe seinerzeit nicht stattgefunden. Seelisch und nervlich habe die Klägerin ...

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