Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. einstweilige Anordnung. Streit um Höhe des Persönlichen Budgets. Darlegung des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs

 

Orientierungssatz

Zur Darlegung des Bestehens eines Anordnungsanspruchs bzgl der angemessenen Höhe eines Persönliches Budgets im Eilrechtsschutzverfahren.

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 14.03.2019; Aktenzeichen 1 BvR 169/19)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 15.08.2018 (Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes) abgeändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ab dem 01.10.2018 bis zur Beendigung des vor dem Sozialgericht Mainz anhängigen Klageverfahrens vorbehaltlos die im Bescheid des Antragsgegners vom 14.02.2018 zur Bedarfsdeckung ermittelten 7.221,00 € als trägerübergreifendes Persönliches Budget zu gewähren. Im Übrigen wird die das vorläufige Rechtsschutzverfahren betreffende Beschwerde zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 15.08.2018 (Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren) wird zurückgewiesen.

3. Der Antragsgegner erstattet dem Antragsteller die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes.

4. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe bewilligt und die Rechtsanwälte L    pp., PartnerschaftG, K ,    H   , zu den Bedingungen eines im Bezirk des Landessozialgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet.

 

Gründe

Die in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren zulässige Beschwerde des Antragstellers ist teilweise begründet, nicht begründet ist hingegen die gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren gerichtete Beschwerde des Antragstellers.

1. Das Sozialgericht Mainz (SG) hat in seinem Beschluss vom 15.08.2018 rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes dargelegt und in Anwendung derselben ebenso rechtsfehlerfrei nach der im Eilrechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung das Vorliegen eines Anordnungsgrundes verneint. Einer weitergehenden Prüfung, ob und inwieweit der Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat, bedurfte es nicht, da Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund kumulativ und nicht alternativ vorliegen müssen.

In Anwendung der von dem SG dargelegten rechtlichen Voraussetzungen eines Anordnungsgrundes ist ein solcher nunmehr ab dem 01.10.2018 nach summarischer Prüfung gegeben, denn der Antragsteller hat durch Vorlage von Kontoauszügen nachgewiesen, dass der ihm als persönliches Budget zugewiesene Betrag zwischenzeitlich aufgebraucht ist.

Ein Anordnungsanspruch des Antragstellers ist jedoch nur aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang gegeben. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er einen Anspruch auf ein Persönliches Budget in der von ihm beanspruchten Höhe von 12.621,00 € hat. Der Antragsteller gehört, was zwischen den Beteiligten auch nicht in Streit steht, aufgrund seiner Behinderungen zum anspruchsberechtigten Personenkreis. Gemäß § 57 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII)i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 7 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) soll die Höhe des Persönlichen Budgets die Kosten aller bisher individuell festgestellten Leistungen nicht überschreiten, die ohne das Persönliche Budget zu erbringen sind. Der Antragsgegner hat nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung eine nachvollziehbare Bedarfs- und Kostenermittlung für die Organisation der von dem Antragsteller begehrten 24-Stunden-Assistenz vorgelegt. Demgegenüber hat der Antragsteller, auch wenn er nunmehr die Arbeitsverträge der von ihm beschäftigten Assistenzkräfte vorgelegt hat, nicht nachvollziehbar dargelegt und auch nicht glaubhaft gemacht, dass bei einer Umstrukturierung des Arbeitgebermodells seine Versorgung mit den von dem Antragsgegner ermittelten 7.221,00 € nicht sicherzustellen ist.

2. Das SG hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf die Ausführungen des SG verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Auch das Beschwerdevorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine andere Beurteilung; denn ihm sind angesichts des nachgewiesenen Kontostandes des Arbeitgeberkontos des Antragstellers weiterhin eine Dringlichkeit und damit ein Anordnungsgrund nicht zu entnehmen.

3. Der Anspruch auf Kostenerstattung bezogen auf das einstweilige Rechtsschutzverfahren beruht auf § 193 SGG analog. Im Beschwerdeverfahren bezogen auf die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe findet eine Kostenerstattung nicht statt (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO)).

4. ...

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