Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 8 Buchst c SGB 7. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. organisatorischer Verantwortungsbereich der Hochschule. allgemeiner Hochschulsport. Leitbild bzw Leitlinien. mehrtägige Skiexkursion im Ausland. Skikurs. Nichtanwendung der Grundsätze über den so genannten Betriebssport. gesetzgeberischer Bildungsauftrag. Abgrenzung zu Rehabilitanden als Lernende gem § 2 Abs 1 Nr 2 SGB 7

 

Orientierungssatz

1. Eine Studentin, die im Rahmen des allgemeinen Hochschulsports bei der Teilnahme an einem Skikurs während einer mehrtägigen Skiexkursion verunglückte, steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Die Grundsätze über den so genannten Betriebssport sind auf den Hochschulsport nicht anwendbar (vgl BSG vom 28.8.1968 - 2 RU 67/67 = BSGE 28, 204 = SozR Nr 9 zu § 539)

3. Soweit das BSG demgegenüber in der Folgezeit eine entsprechende Geltung der Grundsätze des Betriebssports auf Rehabilitanden als Lernende iS von § 2 Abs 1 Nr 2 SGB 7 angenommen hat (vgl BSG vom 20.1.1987 - 2 RU 12/86 = SozR 2200 § 539 Nr 118; vgl BSG vom 5.10.1995 - 2 RU 36/94 = SozR 3-2200 § 539 Nr 33), rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Rehabilitanden sind mit Studierenden einer Hochschule bereits nicht vergleichbar, denn Zweck einer solchen geförderten Fortbildungsmaßnahme und einer dazu begleitend angebotenen sportlichen Betätigung ist nicht das Formen der Persönlichkeit junger Menschen, sondern in erster Linie die berufliche Aus- und Fortbildung von bereits ausgebildeten und in einen Arbeitsprozess eingegliederten Menschen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.12.2014; Aktenzeichen B 2 U 13/13 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 18.08.2010 aufgehoben und unter Aufhebung des Bescheids vom 11.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2008 festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 03.01.2008 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.

Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen dem Grunde nach.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der von der Klägerin am 03.01.2008 erlittene Skiunfall ein Arbeitsunfall ist.

Die 1986 geborene Klägerin war im Wintersemester 2007/2008 als ordentliche Studierende an der Universität N. in den Fächern Mathematik und Germanistik (Bachelor) sowie Katholische Religion (Lehramt) eingeschrieben. Im August 2007 meldete sie sich zu dem Sporttouren-Kurs 0570-09 an, der - neben weiteren Skikursen - vom Hochschulsport N. als selbständiger Betriebseinheit der Universität N. im Rahmen des Hochschulsport-Programms für den Zeitraum vom 29.12.2007 bis 05.01.2008 in D./Schweiz veranstaltet wurde.

In den zu diesem Zeitpunkt gültigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Sporttouren des Hochschulsports N. war u.a. geregelt: "Haftung ( ..) Die Teilnahme am Sportangebot bzw. den Lehrveranstaltungen in den Sporttouren des Hochschulsports ist Bestandteil der Reise und daher für jeden Teilnehmer verpflichtend. ( ..) Leistungen ( ..) In den Sporttouren gehört der Unterricht zum Leistungsumfang. Dieser wird sowohl am Vormittag sowie auch am Nachmittag durchgeführt. Neben der Kursteilnahme sind die ergänzenden Theorieveranstaltungen verpflichtender Bestandteil der Sporttouren. ( ..)". Nach dem Leitbild des Hochschulsports N. war Kernaufgabe des bundes- und landesgesetzlich legitimierten Hochschulsports die Bereitstellung eines facettenreichen, kostengünstigen, bedarfsorientierten und qualitativ hochwertigen Bewegungsangebotes für Studierende und Beschäftigte. Im Leitbild war weiter formuliert: "Wir sorgen für Bewegung ( ..) Sport beim Hochschulsport stärkt die Kommunikation und die Integration der Teilnehmenden ( ..) Wir fördern Fairplay - Verantwortung - Selbständigkeit - Fairness - soziale Kompetenz - Teamfähigkeit - Fairplay - Toleranz ( ..) Wir verbinden Kulturen - Internationalität - interkulturelle Begegnungen ( ..)".

Nach einer Vorbesprechung in den Räumlichkeiten der Universität N. im November 2007 reiste die Klägerin am 29.12.2007 vom Büro des Hochschulsports als Ausgangspunkt mit insgesamt etwa 50 Teilnehmern in einem vom Hochschulsport N. gebuchten Bus nach D./Schweiz. Die Teilnehmer waren gemeinsam in einem Haus untergebracht und verpflegten sich jedenfalls teilweise durch gemeinsame eigene Essenszubereitung selbst. Die Klägerin belegte mit anderen mitgereisten Studierenden einen Skikurs für Anfänger, der von einem vom Hochschulsport N. gestellten Skilehrer geleitet wurde.

Am 03.01.2008 erlitt sie dort während der Teilnahme an dem Skikurs für Anfänger einen Unfall, als sie auf der Skipiste von einem Snowboardfahrer mit erheblicher Geschwindigkeit umgefahren wurde. Dabei erlitt sie Verletzungen in Form eines Schlüsselbein- sowie eines Oberschenkelbruchs und musste stationär behandelt werden.

Die Klägerin wandte sich an das Studentenwerk N., das den Unfall am 31.03.2008 bei der Beklagten anzeigte. Die Beklagte lehnte mit...

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