Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Sonderbedarf. mehrtägige Klassenfahrt. keine Beschränkung auf Höchstbetrag. Kosten für eine eintägige Schulveranstaltung. Zusammenhang mit einer mehrtägigen Klassenfahrt

 

Orientierungssatz

1. § 23 Abs 3 S 1 Nr 3 SGB 2 enthält keine Einschränkung der Höhe der Kostenübernahme durch das Kriterium der Angemessenheit, daher sind die Kosten mehrtägiger Klassenfahrten in voller Höhe zu übernehmen (vgl BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 36/07 R).

2. Der Bedarf für eintägige schulische Veranstaltungen wird in Abgrenzung zu bereits privilegierten mehrtägigen Klassenfahrten von der Regelleistung abgedeckt. Eine zeitliche Nähe und/oder ein inhaltlicher bzw unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Tagesveranstaltungen und der mehrtägigen Klassenfahrt qualifiziert die Tagesfahrt nicht zu einer mehrtägigen Klassenfahrt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.03.2010; Aktenzeichen B 14 AS 1/09 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14.01.2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Übernahme der gesamten Kosten für eine mehrtägige Klassenfahrt einschließlich von zwei Tagesfahrten.

Der am 00.00.1992 geborene Kläger, der mit seinen Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, besucht die H-Schule in C. Die Familie bezieht Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II), so auch in dem Zeitraum vom 01.11.2006 bis 30.04.2007 (Bescheid vom 20.09.2006).

Der Vater des Klägers, der eine Nebentätigkeit ausübt, beantragte am 18.09.2006 Leistungen für eine Klassenfahrt vom 02.02. bis 10.02.2007 nach Tirol in Höhe von 282,00 Euro sowie für zwei vorausgehende Tagesfahrten nach Winterberg von jeweils 30,00 Euro (Fahrt und Liftpass). Er legte als Nachweis eine Bescheinigung der H-Schule, Städtisches Gymnasium in C, vor.

Die Beklagte lehnte diesen Antrag zunächst mit der Begründung ab, dass nach den schulrechtlichen Bestimmungen lediglich Kosten für Klassenfahrten übernommen werden können, deren Gesamtbetrag 260,00 Euro nicht übersteigt (Bescheid vom 21.12.2006).

Im Rahmen des hiergegen eingelegten Widerspruchs bewilligte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 11.01.2007 einen Betrag in Höhe von 260,00 Euro. Zur Begründung führte sie aus, dass er (der Vater) unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse selbst in der Lage sei, einen Teil der Kosten aus eigenen Kräften und Mitteln zu decken.

Unter Einbeziehung des Änderungsbescheides wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2007, ebenfalls wie bereits bei den zuvor ergangenen Bescheiden an den Vater des Klägers adressiert, zurück.

Der Kläger nahm am 25.01. und 29.01.2007 an den beiden Tagesfahrten nach Bottrop (Skihalle) und vom 02.02. bis zum 10.02.2007 an der Klassenfahrt nach Tirol teil.

Der Vater des Klägers hat am 30.01.2007 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Dortmund mit dem Ziel erhoben, die beantragten Kosten in voller Höhe zu erhalten. Es gehe nicht an, die von der Schule bescheinigte Veranstaltung in drei selbständige Veranstaltungen aufzuspalten und aus eindeutig zum Gesamtkonzept gehörenden Lehreinheiten Wandertage zu machen, wie es die Beklagte im angefochtenen Bescheid vorgenommen habe. Er habe den Differenzbetrag von 25,00 Euro (285,00 Euro abzüglich der von der Beklagten übernommenen 260,00 Euro) hinsichtlich der Skifreizeit in Südtirol selbst bezahlt. Aus welchen Gründen es zu der Kostenerhöhung von 3,00 Euro gegenüber der veranschlagten Summe gekommen sei, könne er nicht erklären.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 25.07.2007 weitere 25,00 Euro für die Klassenfahrt übernommen. Zuvor hatte das SG eine Auskunft der H-Schule eingeholt. Diese hat im Schreiben vom 01.03.2007 im Wesentlichen ausgeführt, die Tagesfahrten vom 25.01. und 29.01.2007 hätten zum Sportkompaktkurs "Fahren, Rollen, Gleiten" als Vorbereitung und integriertem Bestandteil der Skifahrt nach Südtirol gehört. Die Kosten von 60,00 Euro seien von den Eltern vorgestreckt worden.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG den jetzigen Kläger anstelle seines Vaters im Rubrum aufgenommen. Sodann hat es mit Urteil vom 14.01.2008 die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Fahrten nach Bottrop am 25.01. und 29.01.2007 insgesamt 60,00 Euro zu bewilligen. Des Weiteren hat das SG der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt sowie die Berufung zugelassen. Auf die Entscheidung wird Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 24.01.2008 zugestellte Urteil hat diese am 01.02.2008 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II nicht gegeben seien. Die beiden Tagesveranstaltungen am 25.01.2007 und 29.01.2007 in der Skihalle Bottrop seien nicht als mehrtägige Klassenfahrt/en im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen anzusehen. Dass die Fahrten nach Bottrop mit der Klassenfahrt ...

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