Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgabe eines forstwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung der Gewährung von Regelaltersrente

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch auf Regelaltersrente aus der Alterssicherung der Landwirte setzt voraus, dass das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist. Als abgegeben gilt ein Unternehmen auch dann, wenn der Flächenwert des nicht abgegebenen Teils 25 % der von der landwirtschaftlichen Alterskasse festgelegten Mindestgröße nicht überschreitet.

2. Das Erfordernis der Abgabe dient der Erreichung eines mit der landwirtschaftlichen Alterssicherung verfolgten strukturpolitischen Zieles, nämlich der Übergabe landwirtschaftlicher Unternehmen an jüngere Inhaber zu fördern. Mit dem endgültigen Verlust der Unternehmereigenschaft soll zugleich sichergestellt werden, dass der Übernehmer die landwirtschaftliche Fläche sinnvoll weiter bewirtschaften kann.

3. Dies gilt in gleicher Weise für ein forstwirtschaftliches Unternehmen. Die Forstwirtschaft weist hinreichende Gemeinsamkeiten mit der Landwirtschaft auf, sodass es gerechtfertigt ist, Forstwirte im Bereich der Alterssicherung mit Landwirten gleich zu behandeln. Anhaltspunkte für eine fehlende Verkehrsfähigkeit forstwirtschaftlich genutzter Flächen gibt es nicht. Damit ist die Annahme, eine Abgabe solcher Flächen sei praktisch nicht möglich, ausgeschlossen.

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 08.11.2018; Aktenzeichen 1 BvR 461/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 13.4.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Regelaltersrente (RAR).

Der 1940 geborene Kläger betreibt ein forstwirtschaftliches Unternehmen mit einer Gesamtfläche von 175,6 ha, die in seinem Eigentum steht. Außerdem hat er 10 Bienenvölker und zwei Schafe, die auf Pachtland weiden. Seit dem 1.1.1961 ist er Pflichtmitglied bei der Beklagten.

Am 28.12.2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten RAR. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil der Kläger sein landwirtschaftliches Unternehmen nicht gemäß §§ 11 Abs. 1 Nr. 3, 21 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) abgegeben habe (Bescheid v. 12.9.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 27.11.2008). Der Bescheid wurde zunächst bestandskräftig. Am 10.3.2010 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 12.9.2008. Sinngemäß führte er aus, dass das Abgabeerfordernis gegen den grundrechtlichen Eigentumsschutz und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoße. Im Übrigen sei das Abgabeerfordernis nicht mehr zeitgemäß. Auch diesen Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 12.9.2008 lehnte die Beklagte mit Hinweis auf das Abgabeerfordernis ab (Bescheid vom 17.3.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2010)

Der Kläger hat am 18.5.2010 Klage zum Sozialgericht (SG) Detmold erhoben und wiederum vorgetragen, das Erfordernis der Unternehmensabgabe sei verfassungswidrig.

Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.3.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2010 zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 12.9.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2008 eine Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den angefochtenen Bescheid verteidigt.

Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid v. 13.4.2011). Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Auf den ihm am 20.4.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.5.2011 die Zulassung der Sprungrevision bei dem SG beantragt, welche das SG mit Beschluss vom 28.7.2011 versagt hat, da es der Angelegenheit insbesondere im Hinblick auf die vorliegende bundes- und verfassungsgerichtliche Rechtsprechung keine grundsätzliche Bedeutung (mehr) beimessen konnte. Nach Zustellung des Beschlusses am 3.8.2011 hat der Kläger am 9.8.2011 gegen den Gerichtsbescheid vom 13.4.2011 Berufung eingelegt. Er hält das Erfordernis der Unternehmensabgabe für verfassungswidrig. Das damit verfolgte Ziel strukturpolitischer Veränderungen lasse sich angesichts der hohen Zahl von Nebenerwerbslandwirten und sog. "Scheinabgaben" nicht mehr erreichen. Die Verpflichtung zur Hofabgabe beeinträchtige ihn unangemessen in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Es sei ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), wenn der Landwirt gezwungen werde, Pflichtmitglied der Alterskasse zu werden, die Alterssicherung dann jedoch nur als eine Teilsicherung ausgestaltet sei. Ergänzend überreicht er ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zu Fragen zur Hofabgabeklausel im ALG

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 13.4.2011 zu ändern, den Bescheid vom 17.3.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2010 aufzuheben u...

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