Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Erbschaft. Zuordnung zum Einkommen. einmalige Einnahme. Aufteilung auf einen angemessenen Zeitraum. erneute Antragstellung innerhalb dieses Zeitraums. keine weitere Anrechnung bei Verbrauch

 

Orientierungssatz

Ist eine einmalige Einnahme, die vom Grundsicherungsträger als Einkommen berücksichtigt und auf einen angemessenen Zeitraum aufgeteilt wurde, bei erneuter Antragstellung innerhalb dieses Zeitraums bereits verbraucht, scheidet eine weitere Anrechnung als Einkommen aus. Eine fiktive Anrechnung ist im Hinblick auf die Regelungen der §§ 31, 31a Abs 1, 34 SGB 2 nicht gerechtfertigt.

 

Normenkette

SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-4, § 9 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, § 11b Abs. 2 S. 1, § 12 Abs. 1, §§ 31, 31a Abs. 1, § 34; Alg II-V § 2 Abs. 4 S. 2 Fassung: 2007-12-17; Alg II-V § 4 S. 1; SGG § 130 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.12.2013; Aktenzeichen B 14 AS 76/12 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.05.2010 geändert. Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 16.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2009 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 16.03.2009 bis 31.08.2009 Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Erwerbseinkommen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers aus dem erstinstanzlichen Verfahren zu 2/3 und aus dem Berufungsrechtszug in vollem Umfang.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger auch für die Zeit vom 16.03.2009 bis 31.08.2009 Leistungen nach dem Zeiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beanspruchen kann.

Der Kläger steht seit Januar 2006 im Leistungsbezug bei dem Beklagten. Am 18./19.06.2007 verstarb Frau L, nach Angaben des Kläger seine Großmutter.

Mit Bescheid vom 12.01.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2009 bis 30.06.2009 in Höhe von monatlich 707,40 Euro. Am 20.01.2009 floss ihm als Miterbe seiner Großmutter eine Erbschaft in Höhe von 6.477,47 Euro zu.

Mit Bescheid vom 04.02.2009 hob der Beklagte die Bewilligungsentscheidung vom 12.01.2009 ab 01.02.2009 mit der Begründung auf, dass der Kläger im Hinblick auf die Erbschaft für die Dauer von mindestens sieben Monaten nicht bedürftig sei. Gegen diesen Aufhebungsbescheid erhob der Kläger am 26.02.2009 Widerspruch. Er habe einmal in seinem Leben geerbt und sich Dinge gekauft, die nötig seien, z.B. eine Digitalkamera. Er sei ab 01.03.2009 mittellos. Durch Vorlage von Kontoauszügen und Rechnungsbelegen wies er Ausgaben in Höhe von ca. 4.900,00 Euro nach. Er trug vor, seine Möbel stammten aus den Anfängen seiner Ehezeit und seien völlig verschlissen gewesen. Der Fernseher sei defekt gewesen und hätte durch einen neuen ausgetauscht werden müssen. Auch bei der Anschaffung eines Laptops habe es sich nicht um eine Luxusanschaffung gehandelt. Ein PC bzw. Laptop gehöre zur Standardausrüstung eines jeden Haushalts und werde darüber hinaus für Bewerbungen benötigt. Des Weiteren habe er aus dem Erbe preiswerte Kleidungsstücke angeschafft und in größerem Umfang Lebensmittel eingekauft. Ferner habe er diverse Schulden in nicht unerheblicher Höhe getilgt. Er habe eine preiswerte Pauschalreise in die Türkei gebucht und sich in diesem Zusammenhang eine Digitalkamera gekauft. Dies sei im Hinblick darauf, dass er seit Jahren keinen Urlaub mehr gemacht habe, nicht zu beanstanden.

Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2009 zurück. Gegen den Bescheid vom 04.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides hat der Kläger am 08.06.2009 Klage erhoben zum Sozialgericht Düsseldorf (Az. S 20 AS 144/09).

Am 01.03.2009 nahm der Kläger eine geringfügige Beschäftigung bei der Firma T in N auf. Im März 2009 erhielt er ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 68 Euro, im Juni 2009 betrug das Bruttoarbeitsentgelt ebenfalls 68 Euro und in den Monaten Juli und August 2009 jeweils 80 Euro.

Bereits am 16.03.2009 stellte der Kläger einen neuen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, weil er die Erbschaft bereits vollständig verbraucht habe. Er habe in der Folgezeit von Unterstützungsleistungen von Freunden gelebt, weil sein kleiner Nebenverdienst zum Leben nicht ausgereicht habe. Vor allem seine Chefin habe dafür gesorgt, dass er ein Mittagessen bekommen habe. Nachmittags sei er dann auch schon mal von Freunden versorgt worden. Diesen Antrag lehnte der Beklagte wegen fehlender Mitwirkung mit Bescheid vom 16.04.2009 ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2009 wies der Beklagte den Widerspruch wegen fehlender Hilfebedürftigkeit des Klägers aufgrund der ihm im Januar 2009 zugeflossenen Erbschaft zurück. Nach der Rechtsprechung des LSG NRW (Urteil vom 02.04.2009, Az.: L 9 AS 58/07) könne es dahinstehen, ob der Kläger das ihm angerechnete Einkommen tatsächlich schon verbraucht habe, denn ein Anspruch des Klägers bestehe a...

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