Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Ruhen des Anspruchs bei Entlassungsentschädigung. unbegründete außerordentliche Kündigung. arbeitsgerichtlicher Vergleich. Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindungszahlung. Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

Auch eine nach § 13 Abs 1 S 3 iVm §§ 9, 10 KSchG gezahlte Entschädigung stellt eine Entlassungsentschädigung iS von § 158 Abs 1 SGB 3 dar.

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nach § 158 Abs. 1 SGB 3 bei einer vom Arbeitgeber nach § 13 Abs. 1 S. 3 i. V. m. §§ 9, 10 KSchG gezahlten Entlassungsentschädigung.

2. Dies gilt auch für den Fall, dass nach einer unbegründeten ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis durch arbeitsgerichtliches Urteil zum Zeitpunkt der Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst wird.

3. Löst das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis wegen einer sozialwidrigen ordentlichen Kündigung auf, weil dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist, so erfolgt dies zu dem Zeitpunkt, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte. Die dem Arbeitnehmer in diesem Fall zugesprochene Abfindung enthält folglich keine Arbeitsentgelte, sondern dient voll dem Ausgleich für den Verlust des sozialen Besitzstandes.

4. Anders verhält es sich bei einer Auflösung durch Urteil im Anschluss an eine unbegründete außerordentliche Kündigung. Ist dem Arbeitnehmer trotz Unbegründetheit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar, so löst das Gericht des Arbeitsverhältnis nach § 13 Abs. 1 KSchG i. V. m. § 9 Abs. 2 KSchG zu dem Zeitpunkt auf, zu dem es bei begründeter außerordentlicher Kündigung geendet hätte. In diesem Fall enthält die Abfindung regelmäßig das dem Arbeitnehmer in der Kündigungsfrist entgangene Arbeitsentgelt.

5. Der Zweck des § 158 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 SGB 3 ist es, eine gleichzeitige Zahlung von Arbeitslosengeld und von in der Abfindung enthaltenem Arbeitsentgelt zu vermeiden.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.01.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) im Zeitraum vom 01.11.2012 bis zum 30.11.2012.

Der im Juli 1983 geborene Kläger stand vom 21.01.2003 bis zum 31.10.2012 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis als Industriekaufmann bei der Firma G Befestigungstechnik GmbH (im Folgenden: Arbeitgeberin). Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos zum 31.10.2012. Hiergegen erhob der Kläger beim Arbeitsgericht J Kündigungsschutzklage (Az.: 2 Ca 00/12). Dort schlossen der Kläger und die Arbeitgeberin folgenden Vergleich:

"1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Fortführung für den Kläger gemäß § 13 KSchG mit dem 31.10.2012 sein Ende gefunden hat.

...

2. Die Beklagte zahlt an den Kläger als Abfindung entsprechend §§ 9,10 KSchG

25.000,00 EUR (i.W.: fünfundzwanzigtausend Euro) brutto.

... "

Der Kläger meldete sich am 31.10.2012 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg.

Mit Bescheid vom 28.11.2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger zunächst vorläufig Alg für die Zeit vom 24.01.2013 bis zu 22.10.2013 in Höhe von 35,98 Euro pro Tag. Für die Zeit vom 01.11.2012 bis zum 23.01.2013 bewilligte sie zunächst kein Alg und kündigte insoweit ein gesondertes Schreiben an, weil sie den Eintritt einer Sperrzeit prüfen wollte. Ab 01.11.2012 erhielt der Kläger zunächst Arbeitslosengeld II vom Jobcenter N in Höhe von 529,81 Euro monatlich.

Nach Abschluss des arbeitsgerichtlichen Vergleichs erließ die Beklagte unter dem 01.03.2013 einen Änderungsbescheid, der keinen Vorläufigkeitsvorbehalt mehr enthielt. Darin setzte sie den Anspruch auf Alg für die Zeit vom 01.11.2012 bis zum 11.03.2012 wegen einer Entlassungsentschädigung gemäß § 158 SGB III auf 0,00 Euro fest und bewilligte Alg für die Zeit vom 12.03.2013 bis zum 10.03.2014 in Höhe von 35,98 Euro pro Tag (1.079,40 Euro monatlich). Mit weiterem Bescheid vom gleichen Tage lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 01.11.2012 bis zum 11.03.2013 wegen der von der Arbeitgeberin zu zahlenden Entlassungsentschädigung in Höhe von 25.000,- Euro ab. Mit einem Schreiben vom gleichen Tage erfolgte eine Anhörung zur Rückforderung von Alg für den Zeitraum vom 24.01.2013 bis zum 28.02.2013 in Höhe von 1.367,24 Euro.

Gegen die Bescheide legte der Kläger am 14.03.2013 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, er habe als Betriebsratsmitglied ohnehin nur fristlos gekündigt werden können. § 13 KSchG sehe die Zahlung einer entsprechenden Entschädigung ausdrücklich vor, so dass ein Ruhenstatbestand nicht erfüllt sei.

Mit zwei Änderungsbescheiden vom 26.03.2013 bewilligte die B...

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