Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung des Arbeitslosengeldes. verspätete Meldung. frühzeitige Arbeitsuche. befristetes Arbeitsverhältnis. Bestimmtheit der Norm. unverschuldete Rechtsunkenntnis. Belehrungspflicht. Angabe des Endzeitpunktes bei Abmeldung wegen Aufnahme einer befristeten Beschäftigung

 

Orientierungssatz

1. Zur Frage des Inhalts und der Verständlichkeit des § 37b SGB 3 schließt sich der Senat der Rechtsprechung des BSG (vom 25.5.2005 - B 11a/11 AL 81/04 R = BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1 und vom 20.10.2005 - B 7a AL 50/05 R = SozR 4-4300 § 37b Nr 2) an.

2. Es liegt keine unverschuldete Rechtsunkenntnis von der Obliegenheit zur unverzügliche Arbeitssuchendmeldung vor, wenn die Bundesagentur für Arbeit im Merkblatt wie auch im Aufhebungsbescheid auf die drohenden Rechtsfolgen (Minderung des Anspruchs) durch die Formulierung, die verspätete Meldung führe "in der Regel" zu einer Minderung des Leistungsanspruchs bzw diese "könne" in den Fällen eintreten, hingewiesen hat. Der Hinweis ist unmissverständlich und keine bloße formelhafte Wiedergabe des Gesetzestextes (entgegen LSG Essen vom 22.2.2006 - L 12 AL 82/05, vom 8.3.2006 - L 12 AL 30/05, vom 5.4.2006 - L 12 AL 114/05 und vom 24.5.2006 - L 12 AL 87/05).

3. Meldet sich der Arbeitslose zur Aufnahme einer befristeten Beschäftigung unter Angabe der Befristungsdauer aus dem Bezug von Arbeitslosengeld ab, so entfällt nicht seine Pflicht der persönlichen Meldung nach § 37b SGB 3.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.08.2007; Aktenzeichen B 7/7a AL 56/06 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 09.05.2005 geändert und die Klage abgewiesen. Kosten der Beteiligten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld wegen einer verspäteten Meldung von Arbeitslosigkeit um 1.050,- EUR gemindert werden durfte.

Die in X lebende Klägerin bezog auf Grund eines Antrages vom 1. August 2003 Arbeitslosengeld. Mit ihrer Unterschrift bestätigte sie dabei, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten zu haben. Dieses Merkblatt (damaliger Stand April 2003) enthielt unter anderem folgenden Hinweise - z.T. in Fettdruck -:

"Pflicht zur frühzeitigen Arbeitssuche

Ab dem 01.07.2003 sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden, sobald Sie den Zeitpunkt der Beendigung Ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen. [ ] Stehen Sie in einem befristeten Arbeitsverhältnis oder in einem anderen Versicherungspflichtverhältnis, müssen Sie sich drei Monate vor dessen Beendigung arbeitsuchend melden.

Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung in der Regel zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes führt."

Ab dem 1.Oktober 2003 erhielt die Klägerin als Altenpflegerin ein bis zum 30. September 2004 befristetes Arbeitsverhältnis. Eine Belehrung über sozialversicherungsrechtliche Meldepflichten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthielt der Arbeitsvertrag nicht. Auch eine anderweitige Information hierüber durch den Arbeitgeber erfolgte nicht Die Klägerin zeigte der Beklagten die Aufnahme der auf ein Jahr befristeten Arbeit an. Daraufhin hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid über das Arbeitslosengeld am 17. Oktober 2003 auf. Dieser Bescheid enthielt denselben Hinweis wie das oben genannte Merkblatt 1 für Arbeitslose. Lediglich der letzte Satz lautete anders:

"Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung zu einer Verringerung der Höhe Ihres zukünftigen Leistungsanspruches führen kann."

Am 29. September 2004 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitsuchend. Einen Tag später endete ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf der zu Beginn vereinbarten Frist.

Mit Bescheiden vom 13. und 14. Oktober 2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin für 360 Tage Arbeitslosengeld und minderte dies für 90 Tage um insgesamt 1.050,- EUR. Dazu stützte sie sich auf die Vorschrift des § 37 b Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in Verbindung mit § 140 SGB III. Die Klägerin erhob hiergegen mit dem Vorbringen Widerspruch, ihre direkte Vorgesetzte (Wohnbereichsleitung) habe ihr Überlegungen mitgeteilt, sie zumindest als Altenpflegehelferin weiter zu beschäftigen. Zudem sei sie nach einem Vorstellungsgespräch in einem anderen Heim Mitte September 2004 sehr optimistisch von einer - dann überraschend doch nicht erteilten - Zusage ausgegangen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 2004 zurück.

Ab dem 1. Januar 2005 nahm die Klägerin in eine Teilzeit- und dann ab Februar 2005 ein volles Arbeitsverhältnis als Altenpflegerin in N auf und meldete sich wieder aus dem Leistungsbezug bei der Beklagten ab.

Gegen die Minderung des Arbeitslosengeldes hat sie Klage bei dem Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben. Das SG hat die Beklagte durch Urteil vom 9. Mai 2005 zur ungeminderten Auszahlung von Arbeitslosengeld verurteilt und zur Begründung ausgeführt, der Vorschrift des § 37 b SGB ...

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