Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltsvergütung: Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr im sozialgerichtlichen Verfahren. Fristgebundenheit einer Erinnerung der Staatskasse gegen eine Kostenfestsetzungsentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frist der Einlegung einer Erinnerung durch die Staatskasse nach § 56 RVG.

2. Für die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach der Vorbemerkung zu § 3 Abs. 4 RVG kommt es auf die entstandene und nicht auf die tatsächlich gezahlte Gebühr an.

 

Orientierungssatz

1. Die Einlegung einer Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren über die anwaltliche Gebührenforderung ist nicht fristgebunden.

2. Eine Verwirkung der Erinnerung der Staatskasse gegen eine Kostenfestsetzungsentscheidung über anwaltliche Gebühren kann jedenfalls nicht vor Ablauf eines Jahres seit Wirksamwerden des Beschlusses angenommen werden.

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 02.11.2016 wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts.

Der Beschwerdeführer war Prozessbevollmächtigter der Klägerin des dem vorliegenden Kostenrechtsstreit vorausgegangenen Klageverfahrens bei dem Sozialgericht Köln gegen die Bundesagentur für Arbeit unter dem Az.: S 31 AL 191/15. Streitgegenstand war die Aufhebung der Bewilligung und Erstattung von Arbeitslosengeld. Mit Beschluss des Sozialgerichts vom 21.10.2015 wurde der Klägerin ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr der Beschwerdeführer beigeordnet.

Das Klageverfahren endete durch Urteil des Sozialgerichts vom 18.02.2016, mit dem es die Klage abwies und die Beklagte - als Folge eines im Verhandlungstermin erklärten Teil-Anerkenntnisses - zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1/8 verpflichtete.

Mit Beschluss vom 09.03.2016 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle auf entsprechenden Antrag des Beschwerdeführers die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen zunächst auf insgesamt 675,33 EUR fest. Mit Schreiben vom gleichen Tag machte der Urkundsbeamte gegenüber der beklagten Bundesagentur einen Forderungsübergang in Höhe von 84,42 EUR, also 1/8 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin von 675,33 EUR, geltend.

Mit Schreiben vom 21.03.2016 reichte der Beschwerdeführer gegenüber dem Sozialgericht eine weitere Kostenrechnung ein und machte unter Anrechnung bereits gezahlter 675,33 EUR eine weitere Vergütung von 179,61 EUR geltend. Statt der Anrechnung der Geschäftsgebühr in Höhe der Hälfte von 345 EUR (172,50 EUR) sei gemäß der Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG nur die Hälfte von 43,13 EUR (1/8 von 345 EUR), also 21,56 EUR, anzurechnen.

Diesem Antrag gab der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle statt und setzte mit Beschluss vom 02.05.2016 weitere Gebühren und Auslagen, die aus der Staatskasse zu zahlen sind, in Höhe von 179,61 EUR fest. Mit Schreiben ebenfalls vom 02.05.2016 machte der Urkundsbeamte gegenüber der Bundesagentur für Arbeit einen weiteren Forderungsübergang in Höhe von 1/8 der weiteren Belastung der Landeskasse von 179,61 EUR und damit 22,45 EUR geltend. Die weitere Festsetzung sei berechtigt gewesen, weil durch den Klägervertreter die Anrechnung gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG im ersten Vergütungsantrag zu hoch angesetzt worden sei. Hiergegen machte die Beklagte mit Schriftsätzen vom 06.05.2016 und 27.05.2016 Einwände geltend. Sie habe nur ein 1/8 der Gesamtheit der geltend gemachten Kosten zu tragen. Es sei somit unzutreffend, bei der Verfahrensgebühr VV Nr. 3102 nur 50 % der bereits auf 1/8 geminderten Geschäftsgebühr des Vorverfahrens abzuziehen. Bei einer solchen Rechenweise erhalte der Bevollmächtigte eine höhere Kostenerstattung, als es dem Kostenanteil von 1/8 entspreche. Es sei auch unzutreffend, dass bei der Anrechnung der Geschäftsgebühr nur die tatsächlich von der Beklagten gezahlte Gebühr nach VV Nr. 2302 abzuziehen sei. Auf entsprechende Nachfrage des Sozialgerichts stellte die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.07.2016 klar, dass ihr Schriftsatz vom 06.05.2016 als Erinnerung gegen die Höhe des Forderungsübergangs zu werten sei.

Mit Beschluss vom 02.08.2016 (Az.: S 31 SF 224/16 E) gab das Sozialgericht der Erinnerung der Beklagten gegen die Geltendmachung des Forderungsübergangs durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 09.03.2016/02.05.2016 insoweit statt, als der im Wege des Forderungsübergangs von der Beklagten insgesamt zu zahlende Betrag abweichend auf 84,42 EUR festgesetzt wurde. Zur Begründung führte das Sozialgericht im Wesentlichen aus, dass der Urkundsbeamte den von der Beklagten im Wege des Forderungsübergangs zu zahlenden Betrag zu Unrecht auf insgesamt 106,87 EUR (84,42 EUR zuzüglich weiterer 22,45 EUR) festgesetzt habe. Die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend gemachten anwaltlichen Gebühren seien i...

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