Entscheidungsstichwort (Thema)

Deckung von Passverlängerungskosten aus der Regelleistung

 

Orientierungssatz

1. Passverlängerungskosten sind dem von der Regelleistung nach § 20 SGB 2 umfassten Bedarf zuzuordnen. Daher müssen sie durch Ansparungen aus dieser aufgebracht werden. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 73 SGB 12, da diese Vorschrift nicht die Funktion einer allgemeinen Auffangregelung für Leistungsempfänger des SGB 2 hat (Vergleiche: BSG, Urteil vom 07. November 2006, B 7b AS 14/06 R; NZS 2007, 383).

2. Die Berufung ist nach § 144 Abs. 2 SGG u. a. bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen oder dann, wenn das Urteil von einer Entscheidung des BSG abweicht. Das BVerfG hat dargelegt (Anschluss: BVerfG, Urteil vom 09. Februar 2010, 1 BvL 1/09; NJW 2010, 505), unter welchen Voraussetzungen einzelne Bedarfe, die von den gesetzlichen Vorschriften nicht ausdrücklich erfasst werden, vom Grundsicherungsträger abzudecken sind. Damit liegt bei der Kostentragung für Passverlängerungskosten durch den Grundsicherungsträger eine höchstrichterlich ungeklärte Frage nicht vor.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 21.08.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Im zugrunde liegenden Verfahren streiten die Beteiligten um die Übernahme von Passbeschaffungskosten.

Der 1952 geborene und staatenlose Kläger steht seit Januar 2005 ununterbrochen im Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II. Im Dezember 2009 beantragte er die Übernahme von Passbeschaffungskosten in Höhe von 59,00 EUR zuzüglich Lichtbildkosten in Höhe von 6,00 EUR. Er sei als staatenloser Bürger verpflichtet, alle 3 Jahre seinen Reisepass zu erneuern, die dadurch entstehenden Kosten von jeweils 65,00 EUR könne er nicht aus dem Regelbedarf decken.

Der Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 25.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2011). Die Passbeschaffungskosten seien von der Regelleistung nicht umfasst, da nach einem Schreiben des Bundesministeriums des Inneren vom 13.07.2007 hierfür keine Notwendigkeit bestanden habe. Insofern scheitere eine Kostenübernahme nach § 23 Abs. 1 SGB II a. F. an der Voraussetzung, dass es sich um einen von der Regelleistung umfassten Bedarf handeln müsse. Auf die Unabweisbarkeit komme es nicht an. Selbst wenn die Vorschrift greifen würde, spräche gegen den geltend gemachten Anspruch der Umstand, dass die Kosten für den Pass bereits am 02.10.2009 entstanden seien und durch den Kläger beglichen worden seien. Geltend gemacht habe er die Kosten beim Beklagten erst am 15.12.2009, so dass zu diesem Zeitpunkt ein Bedarf nicht mehr gegeben gewesen sei.

Hiergegen richtete sich die am 12.01.2012 erhobene Klage, mit der der Kläger sein Begehren weiter verfolgte.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtbescheid vom 21.08.2012 abgewiesen. Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Übernahme der Passverlängerungskosten als Zuschuss noch als Darlehen. Passverlängerungskosten seien dem von der Regelleistung nach § 20 SGB II umfassten Bedarf zuzuordnen und müssten durch Ansparungen aus dieser aufgebracht werden. Das gelte auch für die Nebenkosten, die durch Lichtbilder und Fahrtkosten entstehen würden. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 73 SGB XII, die Vorschrift setze das Vorliegen einer sonstigen Lebenslage voraus, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweise. Daran fehle es bei einer typischen Bedarfslage, wie sie bei einer regelmäßigen Passverlängerung entstünde. Gegen die Atypik der Bedarfslage spreche bereits der Umstand, dass Passverlängerungskosten nur alle 3 Jahre entstehen würden und voraussehbar seien, so dass sie damit auch mit geringfügigen Rücklagen finanzier- und kalkulierbar seien. Hinzu komme, dass § 73 SGB XII nach der Rechtsprechung des BSG nicht die Funktion einer allgemeinen Auffangregelung für Leistungsempfänger des SGB II habe (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7 b AS 14/06 R -). Ebenso wenig gehörten die Passverlängerungskosten zu den in § 21 SGB II enumerativ aufgeführten Mehrbedarfen zum Lebensunterhalt, Leistungen für Mehrbedarfe seien nur für die in dieser Vorschrift normierten Bedarfslagen zu gewähren. Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09; 1 BvL 3/09; 1 BvL 4/09) bzw. durch die Einführung des § 21 Abs. 6 SGB II, der die Vorgaben des BVerfG umgesetzt habe. Danach bestehe ein Anspruch erst dann, wenn der Bedarf so erheblich sei, dass die Gesamtsumme der dem Hilfebedürftigen gewährten Leistungen einschließlich der Leistungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Hilfebedürftigen das menschwürdige Existenzminimum nicht mehr gewährleiste. Dies gelte auch für § 21 Abs. 6 SGB II. Einen derartigen Sonderbedarf könne das Gericht nicht feststellen. Diese Leistung...

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