Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung des Streitwertes bei Aufrechnung eines Gegenanspruchs mit einem Leistungsanspruch

 

Orientierungssatz

1. Nach § 52 Abs. 2 GKG bestimmt sich die Höhe des Streitwertes nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgeblich ist dessen wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens.

2. In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden nach § 45 Abs. 1 GKG zusammengerechnet. Dies gilt nicht, wenn die Ansprüche denselben Gegenstand betreffen; dann ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

3. Bei einer erklärten Aufrechnung mit einer Gegenforderung stellt nur die unbedingte, aber nicht die lediglich hilfsweise erklärte Aufrechnung einen anderen Streitgegenstand dar. Nur im ersteren Fall wirkt sich die erklärte Aufrechnung streitwerterhöhend aus.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Dortmund vom 02.04.2015 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung des Streitwerts auf 3.503,92 EUR durch das Sozialgericht (SG) Dortmund.

Mit am 31.07.2013 erhobener Klage machte die Klägerin einen Zahlungsanspruch i.H.v. 3.503,92 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 02.12.2011 "aus der Behandlung anderweitiger bei der Beklagten Versicherter" geltend. Die Beklagte habe gegen diese Forderung "verrechnet" in Höhe des strittigen Betrags mit einem Erstattungsanspruch aus der Behandlung des "bei der Beklagten Versicherten W"; die Abrechnung der Klägerin im Fall W und die von der Beklagten hierauf geleistete Zahlung sei zu hoch ausgefallen. Zur Begründung ihrer Klage stützte die Klägerin sich auf das aus "§ 15 Abs. 4 Satz 2 des Landesvertrages" resultierende Aufrechnungsverbot. Dieses erlaube die Aufrechnung nur bei Beanstandungen rechnerischer Art, der Rücknahme einer Kostenzusage oder im Fall einer auf unzutreffenden Angaben des Krankenhauses basierenden Abrechnung. Keiner dieser Fälle formeller Unrichtigkeit liege hier vor; vielmehr strebe die Beklagte eine sachliche Berichtigung der Vergütung im Fall W an und eine darauf gestützte Kostenerstattung.

Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung den Klageanspruch anerkannt, die streitigen 3.503,92 EUR zzgl. Zinsen an die Klägerin angewiesen und zugleich Widerklage erhoben gerichtet auf denselben Betrag samt Zinsen. Die Klägerin habe in dieser Höhe im Fall W sachlich zu hoch abgerechnet, die darauf geleistete Zahlung sei i.H.v. 3.503,92 EUR zu erstatten.

Die Klägerin hat das Anerkenntnis der Beklagten umgehend angenommen und sich gegen den mit Widerklage geltend gemachten Anspruch inhaltlich gewehrt. Bezüglich der einzig noch offenen Widerklage haben die Beteiligten sich nachfolgend außergerichtlich geeinigt und den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt (Erledigung vom 31.03.2015).

Das SG hat den Streitwert endgültig und insgesamt auf 3.503,92 EUR festgesetzt (Beschluss vom 02.04.2015). Der Beschluss ist der Klägerin am 10.04.2015 zugestellt worden. Hiergegen hat sie unter dem 30.04.2015 Beschwerde erhoben und die Festsetzung des Streitwerts auf den doppelten Betrag, d.h. auf 7.007,84 EUR begehrt. Klage und Widerklage hätten unterschiedliche Streitgegenstände gehabt. Bei der Klage sei es um Zahlungsansprüche betreffend "anderweitiger bei der Beklagten Versicherter" gegangen, bei der Widerklage um einen Kostenerstattungsanspruch betreffend die stationäre Behandlung des Versicherten W aufgrund sachlicher Abrechnungsunrichtigkeit.

Die Beklagte machte geltend, die Zusammenrechnung von Klage und Widerklage sei zurecht und in Übereinstimmung mit dem Beschluss des Senats vom 16.10.2013 - L 11 KR 210/13 B - und des 1. Senats des LSG Nordrhein-Westfalen vom 19.11.2015 - L 1 KR 682/14 B - erfolgt. Beide Klagen beträfen denselben Gegenstand, nämlich jeweils die Frage des Bestehens eines (aufrechenbaren Gegen-) Anspruchs aufgrund sachlich unrichtiger Abrechnung der Klägerin im Fall W.

II.

1. Der Senat kann offen lassen, ob über die Beschwerde nach der Änderung des § 1 Abs. 5 Gerichtskostengesetz (GKG) im Jahr 2013 weiterhin der Senat (so bis dato der Senat: Beschluss vom 17.12.2009 - L 11 B 7/09 KA -) oder allein der Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet (so u.a. Binz in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, § 1 Rdn. 47 unter Verweis auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 2. KostRModG Seite. 373). Zumindest aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der vorliegenden Angelegenheit ergibt sich hier die Zuständigkeit des Senats, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 6 Satz 2 GKG.

2. Die Streitwertbeschwerde ist gemäß § 68 GKG zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht eingereicht worden.

3. Sie ist jedoch unbegründet.

Nach § 52 Abs. 2 GKG bestimmt sich die Höhe des Streitwertes nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgebend ist grundsätzlich dessen wirtschaftli...

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