Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. Antragstellung. Trennung des Hauptsacheverfahrens. Organisationsverschulden des Gerichts. keine PKH für PKH-Verfahren

 

Orientierungssatz

1. Wird dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe eine vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen beigefügt, so ist der Antrag vollständig und entscheidungsreif gestellt.

2. Hat das Gericht das Verfahren getrennt, so entsteht ein neuer, gesondert durch Endurteil zu entscheidender Prozess. Dementsprechend hat das Gericht neue Akten anzulegen. Hat das Gericht hierbei dem neu eingetragenen Klageverfahren nur eine Kopie der bisherigen Schriftsätze, nicht aber eine Kopie auch der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt, so wirkt sich ein solches Organisationsverschulden des Gerichts nicht zum Nachteil des Klägers aus.

3. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 S 1 ZPO kann Prozesskostenhilfe für die "Prozessführung" verlangt werden. Hierunter ist lediglich das eigentliche Streitverfahren zu verstehen, nicht aber auch das Verfahren der Prozesskostenhilfe, in dem lediglich über die Gewährung staatlicher Hilfe für den Antragsteller zu befinden ist. Für das Prozesskostenhilfeverfahren kann daher Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 15.07.2013 geändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren für die Zeit ab dem 26.07.2012 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin F aus C bewilligt. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens unter Beiordnung von Rechtsanwältin F aus C wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren für die Zeit bereits ab Klageerhebung.

I.

Die Klägerin hat mit Klageschrift vom 14.07.2012, eingegangen bei dem SG Detmold am 26.07.2012, Klage sowohl gegen die "Techniker Krankenkasse - Krankenversicherung" als auch gegen die "Techniker Krankenkasse - Pflegeversicherung" erhoben. Das SG Detmold hat dieses Klageverfahren unter dem Aktenzeichen S 17 P 93/12 eingetragen und damit als pflegeversicherungsrechtliches Verfahren erfasst. Mit der Klageschrift vom 14.07.2012 hat die Klägerin zugleich für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer prozessbevollmächtigten Rechtsanwältin beantragt. Dem Antrag auf Prozesskostenhilfe war eine vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin (ebenfalls) vom 14.07.2012 nebst Belegen gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigefügt. Danach hatte die Klägerin monatliche Einkünfte aus einer Altersrente (331,89 EUR) sowie aus einem Nießbrauchrecht (185,35 EUR). Diese Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin nebst Belegen wurde in einer Prozesskostenhilfe-Nebenakte abgeheftet; diese wurde als Beiheft zum Klageverfahren geführt.

Mit richterlicher Verfügung vom 12.09.2009 wurde angeordnet, dass der "Rechtsstreit auch als KR-Verfahren ein[zu]tragen" sei, also als krankenversicherungsrechtliches Klageverfahren. Dieses weitere Klageverfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 3 KR 476/12 eingetragen und dort eine Kopie der bisherigen Schriftsätze beigefügt. Die Prozesskostenhilfe-Nebenakte wurde nicht kopiert und verblieb bei dem Verfahren S 17 P 93/12.

In dem Klageverfahren S 3 KR 476/12 wurde am 15.10.2012 verfügt, der Prozessbevollmächtigten der Klägerin Prozesskostenhilfe-Unterlagen zu übersenden. Mit Schriftsatz vom 19.10.2012 hat diese darauf hingewiesen, dass sie bereits in dem Parallelverfahren S 17 P 93/12 mit der Klageerhebung eine umfassende Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin abgegeben habe. Es werde um Prüfung gebeten, ob diese Erklärung auch für das vorliegende Verfahren genutzt werden könne. Sodann wurde aus dem Verfahren S 17 P 93/12 die Gerichtsakte, die dort beigezogene Verwaltungsakte sowie die dortige Prozesskostenhilfe-Nebenakte beigezogen. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin wurde mit Verfügung vom 09.11.2012 um Mitteilung gebeten, ob die im Verfahren S 17 P 93/12 "eingereichten PKH-Unterlagen weiterhin aktuell sind und auch für dieses Verfahren gelten sollen". Mit Schriftsatz vom 02.01.2013 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin erwidert, die "PKH-Unterlagen [seien] - bis auf Kleinigkeiten - noch aktuell". Mit Telefax vom 09.07.2013 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin um Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe gebeten. Die Klägerin beziehe mittlerweile ergänzende Sozialhilfeleistungen. Es wurde ein Leistungsbescheid des Sozialamtes u.a. vom 24.06.2013 beigefügt. Dieser berücksichtigte als monatliches Einkommen der Klägerin ein Altersruhegeld (321,60 EUR) sowie E...

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