Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Anordnung. Fehlen eines Anordnungsgrundes. keine Aufrechnung nach VVG mit offenen Beitragsansprüchen. Sozialhilfe. Kostenübernahme von Beiträgen für private Kranken- und Pflegeversicherung. halbierter Basistarif. Angemessenheit gem § 32 Abs 5 SGB 12. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Macht der Hilfebedürftige mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend, der Leistungsträger des SGB 2 sei zur Tragung der Krankenkassenbeiträge des privaten Krankenversicherers als Sozialhilfeleistung zu verpflichten, so fehlt es an dem für den einstweiligen Rechtsschutz erforderlichen Anordnungsgrund. Denn das VVG lässt eine Aufrechnung gegen Versicherungsleistungsansprüche mit offenen Beitragsansprüchen nicht zu.

2. Besteht für den Leistungsempfänger des SGB 2 eine Versicherung zum Basistarif und kann der private Krankenversicherer eine Aufrechnung mit offenen Beitragsansprüchen nicht vornehmen, so ist zur Sicherung des Krankenversicherungsschutzes einstweiliger Rechtsschutz nicht erforderlich. Denn die Deckung berücksichtigungsfähiger Krankheitskosten ist vollständig durch den Basistarif gewährleistet.

3. § 12 Abs 1c S 6 Halbs 2 VAG verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 29.05.2009 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die am 00.00.1966 geborene, einkommens- und vermögenslose Antragstellerin bezieht wegen vorübergehender Erwerbsunfähigkeit von der Antragsgegnerin laufende Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Derzeit wird von der Antragsgegnerin geprüft, ob eine dauernde Erwerbsunfähigkeit besteht. Der Antragstellerin waren so seit Oktober 2008 jeweils monatliche Leistungen i.H.v. insgesamt 1.247,50 EUR gewährt worden; davon entfielen 336,50 EUR auf die von der Antragstellerin zu zahlenden Beiträge zu ihrer privaten Krankenversicherung. Ab dem 01.07.2008 betrug der Monatsbeitrag zu dieser Versicherung 337,87 EUR.

Mit Schreiben vom 05.02.2009 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, bislang sei bei ihren monatlichen Leistungen ein Krankenversicherungsbeitrag von 337,87 EUR berücksichtigt worden. Seit dem 01.01.2009 seien die privaten Krankenversicherer nach § 12 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) verpflichtet, einen branchenweit einheitlichen Basistarif anzubieten, dessen Vertragsleistungen nach Art, Umfang und Höhe mit den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar seien. Die Antragstellerin möge prüfen, ob ihr Krankenversicherungsvertrag in den Basistarif überführt worden sei; ggf. möge sie unverzüglich bei ihrem Versicherer einen entsprechenden Antrag auf Versicherung im Basistarif ohne Selbstbehalt stellen. Da die Antragstellerin auch mit dem neuen Krankenversicherungsbeitrag sozialhilfebedürftig bleiben werde, möge sie mit einer - beigefügten - Bescheinigung bei ihrem Versicherer einen Antrag auf Verminderung ihres monatlichen Beitrags zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit nach § 12 Abs. 1c Satz 4 VAG/§ 110 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) stellen. Hierzu sei sie im Rahmen ihrer Selbsthilfeverpflichtung nach § 2 SGB XII verpflichtet. Der Beitrag, der sozialhilferechtlich für eine private Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt werden könne, sei auf die Beträge begrenzt, die für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen seien; diese Beiträge beliefen sich auf monatlich 129,54 EUR für die Krankenversicherung und 17,79 EUR für die Pflegeversicherung. Es sei beabsichtigt, bis spätestens zum 01.03.2009 die Sozialhilfe für die Antragstellerin entsprechend umzustellen. Es werde der Antragstellerin empfohlen, mit dem Versicherer Kontakt aufzunehmen und dort unter Hinweis auf die reduzierte Beitragsanerkennung des Sozialhilfeträgers geltend zu machen, dass sie für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit nicht in der Lage sei, einen höheren Krankenkassenbeitrag zu zahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 05.02.2009 nebst Anlagen Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 19.02.2009 bewilligte die Beklagte der Antragstellerin für März 2009 Leistungen i.H.v. 1.067,33 EUR. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einem Regelsatz von 351,00 EUR, Unterkunftskosten (einschl. Heizkosten) von 569,00 EUR, einem berücksichtigungsfähigen Bedarf für Krankenversicherung von 129,54 EUR sowie für Pflegeversicherung von 17,79 EUR. Der Bescheid regele das Leistungsverhältnis nur für den genannten Bewilligungszeitraum. Ergebe sich keine wesentliche Änderung, bleibe vorbehalten, Leistungen für nachfolgende Zeiträume stillschweigend durch Überweisung der Leistung zu bewilligen. Entsprechend erfolgten seither tatsächliche Leistungsauszahlungen in gleicher Höhe wie für März 2009.

Mit Schreiben vom 05.03.2009 teilte die im Beschwerdeverfahren beigeladene Union Krankenversicherung (UKV) der Antrags...

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