Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Ausschluss der Beschwerde gegen die Änderung einer ursprünglich ratenfreien Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch nachträgliche Anordnung von Ratenzahlungen

 

Orientierungssatz

Wird eine ursprünglich ratenfreie Bewilligung von Prozesskostenhilfe in Anwendung von § 120 Abs 4 ZPO durch nachträgliche Anordnung von Ratenzahlungen nach § 115 ZPO wegen Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers geändert, ist eine Beschwerde gem § 172 Abs 3 Nr 2 SGG ausgeschlossen.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 07.05.2010 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 10.07.2007 hatte das Sozialgericht dem Kläger, der seinerzeit Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezog, ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt. Das Klageverfahren endete durch Annahme eines Anerkenntnisses der Beklagten mit Schriftsatz des Klägers vom 01.10.2007. Nach einem Hinweis des Sozialgerichts auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie auf den Umstand, dass eine Kostenauferlegung zu Lasten der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Klageveranlassung wegen mangelnder Information der Beklagten durch den Kläger unbillig wäre, nahm der Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25.10.2007 einen zuvor gestellten Antrag auf Kostenentscheidung zurück.

Auf Anforderung des Sozialgerichts übersandte der Kläger im Dezember 2009 eine neue Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie weitere Belege. Daraus geht hervor, dass er mittlerweile eine Erwerbsminderungsrente bezieht. Nach weiterer Korrespondenz zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers, auf die Bezug genommen wird, änderte das Sozialgericht mit Beschluss vom 07.05.2010 seinen Beschluss vom 10.07.2007 ab und setzte als Kostenbeteiligung des Klägers an die Landeskasse zu zahlende monatliche Raten von 15,00 EUR fest, erstmals zu zahlen im Juni 2010. Das Gericht könne nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 120 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Nach dem Renteneinkommen des Klägers seien nach der Tabelle zu § 115 ZPO monatliche Raten von 15,00 EUR zu zahlen. Zur Rechtsmittelbelehrung führte das Sozialgericht aus, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei nach § 127 Abs. 2 ZPO unanfechtbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.

Hiergegen hat der Kläger am 09.06.2010 "Widerspruch" eingelegt. Er beantrage entsprechend § 105 SGG mündliche Verhandlung. Ihm entstehe durch die nachträgliche "Berechnung von Kosten" ein unzumutbarer Nachteil. Die Kosten hätten im Urteil zur Hauptsache der gegnerischen Partei auferlegt werden müssen.

II.

1. Der "Widerspruch" des Klägers ist als Beschwerde i.S.v. § 172 SGG auszulegen. Denn die für das sozialgerichtliche Verfahren geltende Verfahrensordnung des SGG sieht (in § 172 Abs. 1 SGG) gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte allein die Beschwerde an das Landessozialgericht vor. Wenn der Kläger unter Hinweis auf § 105 SGG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, so übersieht er, dass diese Möglichkeit (unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG) allein für Gerichtsbescheide i.S.v. § 105 SGG besteht. Um einen solchen Gerichtsbescheid, welcher anstelle einer Entscheidung durch Urteil eine Entscheidung über die Klage selbst im schriftlichen Verfahren ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter trifft, handelt es sich bei einem Beschluss, der nicht die Klage selbst, sondern die Bewilligung bzw. die Modalitäten der Prozesskostenhilfe betrifft, jedoch nicht.

2. Kommt deshalb als Rechtsmittel des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 10.07.2007 allein eine Beschwerde i.S.v. § 172 SGG in Betracht, ist diese gleichwohl nach näherer Maßgabe des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG unzulässig.

Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Handelt es sich um einen solchen Fall der unzulässigen Beschwerde, so ist die Beschwerde nach § 202 SGG i.V.m. § 572 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) als unzulässig zu verwerfen.

a) Die Frage, ob Einkommen oder Vermögen des Klägers einzusetzen sind (§ 115 ZPO) und ob dementsprechend Ratenzahlungen anzuordnen sind (§ 120 ZPO), betrifft die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse i.S.v. § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG (vgl. nur LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.10.2009 - L 19 AS 817/09 B PKH). Denn wird bei einschränkungslos beantragter Prozesskostenhilfe diese lediglich unter Anordnung von Ratenzahlungen bewilligt...

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