Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtswegzuständigkeit. Haftung für den Lebensunterhalt aufgrund Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG 2004. Erstattungsanspruch des Trägers der Asylbewerberleistungen

 

Orientierungssatz

Für einen Rechtstreit über einen auf § 68 Abs 1 S 1 AufenthG 2004 gestützten Anspruch auf Erstattung der zur Sicherung des Lebensunterhalts eines Ausländers nach AsylbLG aufgewendeten Mittel ist gem § 40 Abs 1 S 1 VwGO die Verwaltungsgerichtsbarkeit und nicht gem § 51 Abs 1 Nr 6a SGG die Sozialgerichtsbarkeit zuständig.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 26.10.2010; Aktenzeichen B 8 AY 1/09 R)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 24.06.2009 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die weitere Beschwerde zum Bundessozialgericht wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Mit seiner am 06.03.2009 vor dem Sozialgericht erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen einen Bescheid der Beklagten ("Sozialamt") vom 07.03.2008. Mit diesem Bescheid wurde er, gestützt auf § 68 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), zur Erstattung von nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die aus Kamerun stammende Frau M D J (Schwester der Ehefrau des Klägers) im Zeitraum vom 02.11.2007 bis vorerst zum 31.03.2008 erbrachten Leistungen i.H.v. 1.508,18 EUR aufgefordert. In der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides ist ausgeführt, es könne dagegen Widerspruch eingelegt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen. Der Kläger begehrt insoweit im Hauptantrag die Verpflichtung der Beklagten zur Bescheidung seines gegen den Bescheid vom 06.03.2009 eingelegten Widerspruchs, hilfsweise die Aufhebung dieses Bescheides.

Nach Anhörung der Beteiligten hat sich das Sozialgericht mit Beschluss vom 24.06.2009 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit gem. § 17a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) an das für Münster örtlich zuständige Verwaltungsgericht Münster verwiesen. Es handele sich um eine Streitigkeit betreffend eine ausländerrechtliche Verpflichtungserklärung. Der Kläger sei kein Empfänger von Leistungen nach dem AsylbLG. Für ausländerrechtliche Streitigkeiten in Münster sei das dortige Verwaltungsgericht zuständig.

Gegen den am 30.06.2009 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 30.07.2009 Beschwerde eingelegt. Seine Klage sei eine Untätigkeitsklage i.S.d. § 88 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). In der Sache werde um die Rückforderung von Leistungen nach dem AsylbLG für Frau J gestritten. Die Beklagte habe in dem Bescheid vom 07.03.2008 den Widerspruch als Rechtsbehelf benannt. Erst im Widerspruchsverfahren habe sie die Auffassung eingenommen, dass das Verwaltungsgericht zuständig und deshalb nach § 6 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetzes (AG) zur Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) unmittelbar die Klage zum Verwaltungsgericht eröffnet sei. Die Streitigkeit falle jedoch als Angelegenheit des AsylbLG nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG in die Zuständigkeit der Sozialgerichte. Diese Vorschrift sei weit auszulegen. Es komme nicht darauf an, ob er - der Kläger - selbst Leistungsempfänger nach dem AsylbLG gewesen sei. Denn er werde auf der Grundlage des AsylbLG, nämlich im Umfang der nach diesem Gesetz erbrachten Leistungen, in Anspruch genommen; die zu entscheidenden Rechtsfragen richteten sich somit nach dem AsylbLG und nicht nach dem AufenthG. Daran ändere der Umstand nichts, dass die Rechtsbeziehungen zur Beklagten mit einer von ihm nach einer Norm im AufenthG abgegebenen Erklärung begründet würden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ((BSG) Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R) sei Ausgangspunkt für die Prüfung der sachlichen Zuständigkeit, welcher Art das Klagebegehren nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt sei. Regelmäßig sei das Gericht anzurufen, welches durch besondere Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den infrage stehenden Anspruch berufen sei. Gehe es nicht unmittelbar um Rechtsfolgen aus der Anwendung des eine Zuweisung an die Sozialgerichte begründenden Gesetzes, sei eine sach- und interessengerechte Abgrenzung zwischen der Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichte und der Verwaltungsgerichte herzustellen. Es genüge, wenn eine Zuweisung zwar nicht unmittelbar ausgesprochen sei, sich der dahinter stehende Wille des Gesetzes jedoch aus dem Gesamtgehalt der Regelung und dem Sachzusammenhang in Verbindung mit der Sachnähe eindeutig und logisch zwingend ergebe. Nach der Rechtsprechung des BSG sei deshalb danach zu fragen, ob die Maßnahme in engem sachlichen Zusammenhang zur Verwaltungstätigkeit der in § 51 SGG angesprochenen Behörden stehe. Im vorliegenden Fall zeige sich der Sachzusammenhang schon darin, dass der Bescheid vom 07.03.2008 nicht etwa durch die Ausländerbehörde, sondern durch das Sozialamt der Beklagten, also durch die für die Umsetzung des AsylbLG zuständige Fachstelle, erlassen worden sei. Tatsächlich stehe auch die Anwendung von Normen des AsylbLG und des sozialrechtlichen Verfahrensr...

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