Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme von Bewerbungskosten durch den Grundsicherungsträger nach Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung

 

Orientierungssatz

1. Es ist grundsätzlich nicht zulässig das Hauptsacheverfahren abzuschließen, ohne zuvor über einen entscheidungsreifen PKH-Antrag zu entscheiden. Eine vom Sozialgericht angenommene Klagerücknahmefiktion schließt eine ausnahmsweise rückwirkend zu bewilligende PKH nicht aus, wenn das Gericht diese bereits vor Beendigung des Verfahrens hätte bewilligen müssen.

2. Hatte die erhobene Klage zum Zeitpunkt der Vorlage eines bewilligungsreifen Antrags auf Gewährung von PKH keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so ist PKH zu versagen.

3. Der Grundsicherungsträger kann nach §§ 16 Abs. 1 S. 2 SGB 2, 45 SGB 3 Leistungen aus dem Vermittlungsbudget bei Anbahnung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung erbringen, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Dies umfasst auch Bewerbungskosten.

4. Die Gewährung eines Jahreshöchstbetrags für entstehende Bewerbungskosten von 300,- € ist angemessen, um eine Eingliederung zielgerichtet zu fördern. Der Grundsicherungsträger ist dabei an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden.

5. Die Rücknahmefiktion nach § 102 Abs. 2 S. 1 SGG legt die Voraussetzungen für die Annahme eines weggefallenen Rechtsschutzinteresses fest und legitimiert dies in verfassungsrechtlich zulässiger Weise. Das Gericht darf von einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses nur dann ausgehen, wenn das Verhalten eines Verfahrensbeteiligten Anlass zu der Annahme bietet, dass ihm an einer Sachentscheidung nicht mehr gelegen ist.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 14.05.2013 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für ein Verfahren auf Erstattung von Bewerbungskosten.

Der 1970 geborene Kläger bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Am 03.02.2011 schloss der Kläger mit dem Beklagten eine bis zum 02.02.2012 befristete Eingliederungsvereinbarung. Hierin verpflichtete sich der Beklagte, dem Kläger Vermittlungsvorschläge, soweit geeignete Stellenangebote vorliegen, zu unterbreiten und die Bewerbungsaktivitäten des Klägers durch Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III zu unterstützen, sofern der Kläger diese zuvor beantragt. Der Kläger verpflichtete sich während der Gültigkeitsdauer der Eingliederungsvereinbarung zu jeweils mindestens fünf Bewerbungen pro Monat. In der Eingliederungsvereinbarung heißt es:

"Die Nachweise der Beschäftigungssuche sind in Form einer persönlichen schriftlichen Auflistung unter der Angabe folgender Daten der Bewerbung: Datum der Bewerbung, Namen/Anschrift der Firma, Art der Bewerbung (schriftlich, telefonisch, persönliche Vorsprache o.ä.), Art der Tätigkeit, Angabe ob Stelle eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist und Grund, warum Sie nicht eingestellt wurden, ab dem heutigen Tage, monatlich, unaufgefordert bis zum 15. des Folgemonats für die Beschäftigungssuche des jeweiligen Vormonats beim Jobcenter des N Kreises einzureichen. Die erste Vorlage erfolgt zum 15.03.2011 für den Monat Februar 2011. In der Auflistung sind ausschließlich Bewerbungen in Eigenbemühungen zu berücksichtigen; Bewerbungen, die aufgrund eines Vermittlungsvorschlages erfolgten, sind nicht aufzuführen, da diese nicht als Eigenbemühung gelten. ":

Der Kläger verpflichtete sich, sich zeitnah auf Vermittlungsvorschläge zu bewerben. Als Nachweis für die Bemühungen sollte er die dem Vermittlungsvorschlag beigefügte Antwortmöglichkeit ausfüllen und vorlegen.

Durch Bescheid vom 23.03.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger aufgrund von Anträgen vom 04.02.2011 und 15.02.2011 Aufwendungen für 16 Bewerbungen in Höhe von insgesamt 80,00 EUR. Der Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass aufgrund ermessenslenkender Weisungen der maximale jährliche Förderbetrag bei 300,00 EUR liege, für jede Bewerbung 5,00 EUR erstattet würden und noch ein Restförderbetrag von 220,00 EUR zur Verfügung stehe.

In der Folgezeit erstattete der Beklagte weitere Bewerbungskosten i.H.v. 70,00 EUR (Bescheid vom 29.03.2011) sowie 110,00 EUR.

Mit Bescheid vom 07.07.2011 erstattete der Beklagte dem Kläger weitere Aufwendungen für Bewerbungen in Höhe von insgesamt 40,00 EUR. Zwar habe der Kläger die Übernahme von Aufwendungen für zehn Bewerbungen beantragt, da ihm bereits Kosten für Bewerbungen i.H.v. 260,00 EUR bewilligt worden seien, könne für das Jahr 2011 lediglich noch Kosten für acht Bewerbungen übernommen werden. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 30.08.2011 zurück. Hiergegen erhob der Kläger Klage (SG Dortmund, S 27 AS 4210/11).

Durch Bescheid vom 20.09.2011 lehnte der Beklagte einen Antrag des Klägers vom 31.08.2011 auf Übernahme weiterer Bewerbungskosten wegen Ausschöpfung des Höchstbetrages ab. Den hiergegen ein...

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