Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung von Kindergeld auf Leistungen der Grundsicherung als Einkommen

 

Orientierungssatz

1. Im Bewilligungszeitraum bezogenes Kindergeld ist als nach § 11 SGB 2 zu berücksichtigendes Einkommen des Hilfebedürftigen auf den Leistungsanspruch nach dem SGB 2 anzurechnen. Maßgeblich ist das Zuflussprinzip. Danach sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen, vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 86/08 R.

2. Dies gilt auch im Fall einer rückwirkenden Aufhebung der Kindergeldbewilligung. Im Zeitpunkt des Zuflusses war das Einkommen nicht bereits mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet, wenn diese erst nach dem Bewilligungszeitraum entstanden ist. Solange der Bewilligungsbescheid Bestand hatte, durfte der Empfänger die Leistung behalten.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 23.04.2013 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Änderung der Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ohne Anrechnung von Kindergeld für den Zeitraum 01.09.2011 bis 31.03.2012.

Der 1991 geborene Kläger beantragte im Mai 2011 Leistungen nach dem SGB II bei dem Beklagten. In seinem Antrag vom 12.05.2011 gab er an, monatlich Kindergeld i.H.v. 184 EUR zu beziehen. Mit Bescheid vom selben Tag und Änderungsbescheiden vom 20.05.2011, 05. und 25.08.2011, 09.09.2011, 06.10.2011, 15.11.2011, 07.12.2011 und 13.01.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Familienangehörigen Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.07.2011 bis 31.12.2011. Auf den weiteren Antrag vom 18.11.2011 bewilligte er diese Leistungen auch für die Zeit bis zum 31.03.2012 (Bescheide vom 23. und 26.11.2011, 13.02.2011 und 08.03.2011). Als Einkommen berücksichtigte der Beklagte jeweils das dem Kläger in dieser Zeit gezahlte Kindergeld i.H.v. 184 EUR monatlich.

Mit Bescheid vom 12.07.2012 hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes ab 01.09.2011 auch bis zum 31.03.2012 auf, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht mehr kindergeldberechtigt gewesen sei. Zugleich wurde mitgeteilt, dass das für diesen Zeitraum überzahlte Kindergeld in Höhe von 1288,00 EUR zu erstatten sei.

Der Kläger reichte den Bescheid der Familienkasse bei dem Beklagten ein. Dieser wertete dies als Antrag nach § 44 SGB Zehntes Buch (SGB X) und lehnte mit Bescheid vom 03.08.2012 den Antrag auf Überprüfung der Bewilligungsentscheidung für den Zeitraum 01.09.2011 bis 31.03.2012 mit der Begründung ab, dass das Kindergeld im streitigen Zeitraum tatsächlich zugeflossen sei und somit zur Verfügung gestanden habe. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2012 als unbegründet zurück. Die Bewilligungsbescheide für den streitigen Zeitraum seien bindend geworden, da nicht fristgerecht Widerspruch erhoben worden sei. Die Bescheide dürften daher nur unter den Voraussetzungen des §§ 44 SGB X überprüft werden. Die Voraussetzungen lägen nicht vor. Das Kindergeld habe dem Kläger in der Zeit vom 01.09.2011 bis 31.03.2012 unstreitig tatsächlich zur Verfügung gestanden. Es sei daher als Einkommen zu berücksichtigen gewesen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass das Kindergeld von der Familienkasse zwischenzeitlich zurückgefordert worden sei. Allein die Tatsache, dass sich bei nachträglicher Betrachtung eine andere Einkommensberechnung ergeben habe, führe nicht zu einer anfänglichen Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidung für den streitgegenständlichen Zeitraum. Die nachträgliche Erstattungsforderung könne den tatsächlichen Zufluss im Monat des Bedarfs nicht mehr beeinflussen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 48 Abs. 1 SGB X. Die Rückforderung des Kindergeldes stelle keine Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X dar, da durch diese Entscheidung der tatsächliche Zufluss des Kindergeldes nicht abgeändert werden.

Gegen den am 29.11.2012 zugegangenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 27.12.2012 Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren unter Beiordnung seiner Rechtsanwälte beantragt. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers ist am 03.01.2013 beim Sozialgericht eingegangen.

Der Kläger trägt vor, der Beklagte sei zum Zeitpunkt der Bewilligung von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Bereits zum Zeitpunkt der Zahlung des Kindergeldes sei dieses mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet gewesen. Schon in diesem Zeitraum habe der Kläger keinen Anspruch mehr auf Kindergeld gehabt. Eine Anrechnung des Kindergeldes sei im Ergebnis rechtswidrig. Schließlich habe ihm unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten das Kindergeld nicht zur Deckung des Lebensunterhaltes zur Verfügung gestanden. Dies habe sich lediglich nachträglich herausgestellt und begründe keine andere Wertung mit der Folge, dass die Rückzahlungsverpflichtu...

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