Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung eines Sonderbedarfs für unbrauchbar gewordene Möbel durch den Grundsicherungsträger

 

Orientierungssatz

1. Die Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten ist nicht vom Regelbedarf nach § 20 SGB 2 umfasst. Sie wird gesondert erbracht. Um eine Erstausstattung handelt es sich, wenn ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung erstmals besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Bei dem Ersatz von infolge Alter und Abnutzung nicht mehr funktionsfähigen Möbeln handelt es sich um eine Ersatzbeschaffung, vgl. BSG, Urteil vom 01. Juli 2009 - 4 AS 77/08 R.

2. Bei der Ersatzbeschaffung ist es dem Leistungsempfänger zumutbar, auf Rücklagen zurückzugreifen, die aus Entgelt, Entgeltersatzleistungen oder aus der Regelleistung zu bilden sind. Etwas Anderes gilt bei einer besonderen Bedarfslage, die durch außergewöhnliche Umstände, wie Totalverlust infolge eines Wohnungsbrandes, Obdachlosigkeit, langjährige Inhaftierung, Rückumzug aus dem Ausland oder durch einen vom Leistungsträger veranlassten Umzug verursacht worden ist, vgl. BSG, Urteil vom 23. Mai 2013 - B 4 AS 79/12 R.

3. Soweit es sich bei der Ersatzbeschaffung von Möbelstücken um einen unabweisbaren Bedarf i. S. von § 24 Abs. 1 S. 1 SGB 2 handelt, kann ein Darlehen gewährt werden.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.10.2013 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Sonderbedarfs nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II streitig.

Der am 00.00.1956 geborene Kläger bezieht seit dem 01.01.2005 durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Am 12.05.2009 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten, dass er verschiedene Sachen für seine Wohnung anschaffen wolle. Seine Möbel, Waschmaschine etc. seien sehr alt und kaputt gewesen. Deshalb habe er seine Möbel nach und nach entsorgen müssen. Er wohne seit 1987 in der Wohnung und habe sich nie neue Möbel anschaffen können. Nachdem dem Kläger erklärt wurde, dass ihm für die Anschaffung neuer Möbel nur ein Darlehen mit einer Tilgung von einer Ratenzahlung i.H.v. 35,00 EUR monatlich gewährt werden könne, nahm er den Antrag zurück. Eine Renovierungsbeihilfe i.H.v. 413,97 EUR für die Wohnung wurde dem Kläger nach Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens bewilligt.

Im Dezember 2012 beantragte der Kläger die Gewährung eines Sonderbedarfs zur Anschaffung von Flurmöbeln, Badezimmermöbeln, einer Einbauküche, einem Küchentisch mit vier Küchenstühlen, einem sechstürigen Kleiderschrank, einer Wohnwand, einem Wohnzimmertisch, einer Wohnzimmergarnitur (ein Einsitzer und ein Dreisitzer) und einem Bett. Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 05.02.2013 ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er machte geltend, dass er zurzeit nur aus Kartons und Tüten lebe. Es seien kein Kleiderschrank, keine Küche und keine Badzimmermöbel vorhanden. Das Bett sei durchgelegen. Die Anschaffung dieser Möbelstücke könne er nicht aus dem Regelbedarf finanzieren. Der Außendienst des Beklagten stellte fest, dass beim Kläger ein Bedarf für Möbel besteht. Durch Bescheid vom 05.04.2013 gewährte der Beklagte dem Kläger nach § 24 Abs. 1 SGB II ein Darlehen für die Ersatzbeschaffung einer Wohnungseinrichtung i.H.v. 900,00 EUR. Er verfügte, dass nach § 42a Abs. 2 SGB II das Darlehen durch eine monatliche Aufrechnung bis zu 10 % der dem Kläger zustehenden Regelleistungen, d.h. i.H.v. 38,20 EUR getilgt wird. Im Übrigen wies er den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10.07.2013 als unbegründet zurück.

Am 08.08.2013 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat die Umwandlung des Darlehens in einen Zuschuss begehrt. Die Voraussetzungen für einen Sonderbedarf für die Erstausstattung einer Wohnung seien gegeben. Er wohne seit 01.12.1987 in der Wohnung und habe seitdem ununterbrochen dieselben Möbel genutzt. Seine Möbel seien aufgrund des Alters unbrauchbar geworden. In einem solchen Fall handele es sich nicht um eine reine Ersatzbeschaffung, sondern um eine komplette neue Erstausstattung. Bei der Ermessensausübung sei zu berücksichtigen, dass er die Möbel 25 Jahre benutzt habe.

Durch Beschluss vom 18.10.2013 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Hiergegen hat der Kläger Beschwerde eingelegt.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung - Umwandlung des bewilligten Darlehens für die Anschaffung von Möbeln in einen verlorenen Zuschuss nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II - bietet keine hinreichende Erfolgsaussicht i.S.v. § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO. Nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II ist die Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräte nicht vom Regelbedarf nach § 20 SGB II umfasst. Leistungen für einen solchen Bedarf werden gesondert erbracht (§ 24 Abs. 3 S. 2 SGB II). Bei dem vom Kläger geltend gemachten Bedarf - Notwendigkeit der Neuanschaffung vo...

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