Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Haushaltshilfe. Beschränkung der Kostenerstattung gilt auch für geschiedene Ehegatten

 

Leitsatz (amtlich)

Nach Sinn und Zweck des § 38 Abs 4 S 2 Halbs 1 SGB 5 ist eine Kostenerstattung auch für die geschiedene Ehefrau des Versicherten ausgeschlossen, die während eines Krankenhausaufenthaltes des Versicherten seinen Haushalt weiterführt.

 

Orientierungssatz

Die gesetzgeberischen Gründe, die zur Beschränkung der Kostenerstattung bei einer durch Verwandte oder Verschwägerte bis zum 2. Grade geleisteten Haushaltshilfe geführt haben, liegen im Fall einer geschiedenen Ehefrau ebenfalls vor.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob dem Kläger auch für die während eines Krankenhausaufenthalts in seinem Haushalt geleistete Tätigkeit seiner geschiedenen Ehefrau Kosten in angemessener Höhe nach § 38 Abs 4 Satz 1 5. Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) zustehen.

Der 1956 geborene Kläger lebte im Oktober 1994 in seinem Haushalt zusammen mit zwei Kindern unter 12 Jahren aus seiner am 22. Juni 1994 geschiedenen Ehe. Das Sorgerecht für diese beiden Kinder war beiden Elternteilen zuerkannt worden. Weiterhin lebten zum angegebenen Zeitpunkt zwei Kinder aus der ersten Ehe seiner geschiedenen Ehefrau in dem Haushalt des Klägers. Vom 4. bis zum 12. Oktober und vom 18. bis zum 20. Oktober 1994 befand er sich im Krankenhaus. Während dieser Zeit wurde sein Haushalt von seiner geschiedenen Ehefrau betreut.

Am 3. November 1994 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm für die Zeit seines Krankenhausaufenthaltes Haushaltshilfe gem § 38 SGB V zu gewähren. Nach Vorlage entsprechender Nettoverdienstbescheinigungen seiner geschiedenen Ehefrau erstattete die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 20. September 1995 den Verdienstausfall seiner geschiedenen Ehefrau in Höhe von 685, 10 DM. Mit Schreiben vom 25. September 1995 erhob der Kläger dagegen Widerspruch, da seine geschiedene Ehefrau gem § 38 SGB V wie andere unbeteiligte Haushaltshilfen anzusehen und daher eine Erstattung lediglich des Verdienstausfalls nicht gerechtfertigt sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 1995 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus: Die geschiedene Ehefrau des Klägers sei aufgrund des ihr eingeräumten Sorgerechts über die Kinder wie eine Verwandte zu behandeln. Es könne daher lediglich eine Erstattung des Verdienstausfalls erfolgen. Das sei im angemessenen Umfang geschehen.

Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht - SG - Osnabrück mit Urteil vom 17. Dezember 1997 abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, daß es sich bei dem Ausschluß der Kostenerstattung für Verwandte und Verschwägerte bis zum 2. Grade in § 38 Abs 4 Satz 2 SGB V zwar um eine Ausnahmevorschrift handele. Dies besage jedoch nicht, daß die Vorschrift nach Sinn und Zweck nicht auch auf gesetzlich nicht geregelte Sachverhalte angewendet werden dürfe. Die geschiedene Ehefrau des Klägers sei wie eine Verwandte und Verschwägerte bis zum 2. Grade anzusehen. Der Gesetzgeber habe bei Schaffung der Vorschrift die Vergütung des genannten Personenkreises auf den bloßen Verdienstausfall beschränken wollen, da hier regelmäßig wegen der familiären Bindungen Hilfe erwartet werden könne. Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) werde durch die Scheidung einer Ehe die Schwägerschaft nicht berührt. Wenn aber danach selbst die Mutter oder die Schwester der geschiedenen Ehefrau bei einer Haushaltsführung für den Kläger auf die Erstattung des Verdienstausfalls beschränkt sei, so erscheine es widersinnig, die geschiedene Ehefrau, über die die Schwägerschaft zustande gekommen sei, nicht in diesen Personenkreis einzubeziehen. Nach Sinn und Zweck des § 38 Abs 4 Satz 2 SGB V müsse daher der Ausschluß einer Vergütung auch für die die Haushaltshilfe leistende geschiedene Ehefrau des Erkrankten gelten, unabhängig davon, ob ihr ein Sorgerecht für die zu betreuenden Kinder zuerkannt sei oder nicht. Das SG hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 12. Januar 1998 zugestellte Urteil am 23. Januar 1998 Berufung beim Landessozialgericht Niedersachsen - LSG Nds - eingelegt. Zur Begründung trägt er vor: Eine direkte Anwendbarkeit des § 38 Abs 4 Satz 2 SGB V scheide aus, da er - der Kläger - nach der Ehescheidung mit seiner geschiedenen Ehefrau weder verwandt noch verschwägert sei. Aber auch eine analoge Anwendung des Ausschlußtatbestandes komme bei Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens nicht in Betracht. Denn der Gesetzgeber habe erkennbar eine Vergütung für die hilfeleistende Person nur dann ausschließen wollen, wenn zwischen dem Hilfeleistenden und dem Erkrankten familiäre Beziehungen bestünden. Den Fall, daß der geschiedene Ehepartner auch noch nach Auflösung jeglicher familiärer Beziehungen dem ehemaligen Ehepartner helfen könnte, habe der Gesetzgeber ersichtlich nicht bedacht. Die Vor...

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