Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Ruhen. Aufforderung zur Stellung eines Antrags auf Altersrente. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Die Regelung des § 134 Abs 3c AFG verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG und Art 20 Abs 3 GG.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.07.2000; Aktenzeichen B 7 AL 42/99 R)

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob dem Kläger ab 1. August 1996 weiterhin Arbeitslosenhilfe (Alhi) zu zahlen ist oder ob der Anspruch auf Alhi ruht.

Der am 1935 geborene Kläger bezog seit dem 1. August 1990 Arbeitslosengeld (Alg) mit Unterbrechungen. Der Anspruch war ab 26. Juli 1995 erschöpft. Aufgrund des Bescheides vom 12. September 1995 erhielt er Anschluß-Alhi vom 26. Juli 1995, zuletzt ab 1. Januar 1996 in Höhe von 595,20 DM/Woche (99,20 DM täglich) bis zum 12. August 1996 bewilligt (Bescheid vom 19. April 1996). Der Kläger bezieht Nebeneinkünfte, die er dem Arbeitsamt (AA) regelmäßig angab.

Das AA forderte den Kläger mit Schreiben vom 26. Juni 1996 auf, bis zum 31. Juli 1996 Rente wegen Alters zu beantragen. Das Schreiben enthält den Hinweis, daß der Anspruch auf Alhi ab 1. August 1996 ruhen werde, wenn der Kläger den Rentenantrag nicht bis zum 31. Juli 1996 stellen werde.

Am 14. Juli 1996 lehnte der Kläger die Einleitung des Rentenverfahrens ab, weil er sich weiterhin um die Aufnahme einer Vollzeittätigkeit bemühe. Damit befinde er sich in Übereinstimmung mit den öffentlich bekundeten Erklärungen der Politik, die für die Rentenkassen schädliche Frühverrentung stoppen und die Lebensarbeitszeit verlängern zu wollen.

Mit Bescheid vom 12. August 1996 entzog das AA dem Kläger nach § 134 Abs 3c Arbeitsförderungsgesetz (AFG) mit Wirkung vom 1. August 1996 die Leistung im vollen Umfang wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 Abs 1 SGB I. Der Widerspruch, mit dem der Kläger einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und der Rechtsstaatlichkeit rügte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 8. November 1996). Die Beklagte stützte den Widerspruchsbescheid auf § 48 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB X iVm § 134 Abs 3c AFG. Den am 14. November 1996 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger mit der am 13. Dezember 1996 eingegangenen Klage angegriffen.

Mit Bescheid vom 19. November 1996 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Fortzahlung von Alhi unter Berufung auf § 134 Abs 3c AFG ab. Mit Bescheid vom gleichen Tage forderte es für den Zeitraum vom 1. August bis 12. August 1996 geleistete Alhi auf der Grundlage der §§ 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch Verwaltungsverfahren (SGB X), 152 Abs 3 AFG iVm § 50 SGB X in Höhe von 992,-- DM zurück. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 1996). Der gegen den Ablehnungsbescheid vom 19. November 1996 gerichtete Widerspruch blieb ebenfalls erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 7. Mai 1997).

Seine Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 8. November 1996 hat der Kläger damit begründet, die Beklagte habe nach der Gesetzesfassung Ermessen auszuüben. Dies habe sie pflichtwidrig unterlassen. Die Regelung des § 134 Abs 3c AFG verstoße gegen die Verfassung.

Das Sozialgericht Hannover (SG) hat mit Gerichtsbescheid vom 9. Oktober 1997 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, die Bewilligung der Alhi habe seit 1. August 1996 aufgehoben werden müssen. Es bezog sich dabei auf eine Entscheidung des erkennenden Senats vom 27. Juni 1997 (L 7 Ar 131/97 eR), mit welchem dem Kläger einstweiliger Rechtsschutz versagt worden ist. Fortzahlung von Alhi ab 1. September 1996 könne der Kläger ebenfalls nicht verlangen, weil sein Anspruch nach § 134 Abs 3c AFG infolge des fehlenden Rentenantrags weiterhin ruhe. Gemäß § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X habe die Beklagte die für den Zeitraum vom 1. August bis 12. August 1996 gezahlte Alhi zurück fordern müssen.

Den am 17. Oktober 1997 zugestellten Gerichtsbescheid greift der Kläger mit der am 12. November 1997 eingegangenen Berufung an, die er mit einem Verfahrensfehler des SG -- Verstoß gegen den Grundsatz mündlicher Verhandlung -- sowie damit begründet, § 134 Abs 3c AFG könne für den Kläger nicht angewandt werden.

Der Kläger beantragt,

1.

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 9. Oktober 1997 sowie den Bescheid vom 12. August 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 1996, den Bescheid vom 19. November 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 1996 sowie den Bescheid vom 19. November 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 1997 aufzuheben,

2.

die Beklagte zu verurteilen, ab 1. September 1996 weiterhin Alhi zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte tritt dem angefochtenen Gerichtsbescheid bei.

Neben den Gerichtsakten beider Rechtszüge haben die den Kläger betreffenden Leistungsakten (Band II zur StammNr:) sowie die Akten des SG Hannover S 20 Ar 199/97 eR (= Senatsakten L 7 Ar 131/97 eR) vorgelegen und sind Gegenstand ...

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