Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Ermessensentscheidung. Ermessensausübung. Rechtmäßigkeit. Begründung

 

Orientierungssatz

1. Eine stationäre Behandlung in einer Rehabilitationseinrichtung nach § 40 Abs 2 SGB 5 darf nur gewährt werden, wenn eine ambulante Rehabilitationskur nach § 40 Abs 1 SGB 5 nicht ausreicht.

2. Die Gewährung von Rehabilitationsleistungen nach § 40 SGB 5 steht im Ermessen der Krankenkasse. Zur Bestimmung der Ermessensgrenzen kann nach wie vor auf das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgegriffen werden.

3. Für die Frage, ob die Krankenkasse überhaupt eine Ermessensentscheidung getroffen und - falls ja - auch diese rechtmäßig war, kommt es auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides, insbesondere auf seine Begründung an. Diese muss nicht nur erkennen lassen, dass die Beklagte eine Ermessensentscheidung treffen wollte und getroffen hat, sondern auch diejenigen Gesichtspunkte, von denen sie bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (§ 35 Abs 1 S 3 SGB 10).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.03.2003; Aktenzeichen B 1 KR 33/01 R)

 

Tatbestand

Der 1949 geborene und bei der Beklagten versicherte Kläger begehrt die Bewilligung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in stationärer Form.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 15. Juni 1997 bei der Beklagten die Gewährung einer Kurmaßnahme, nachdem die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) einen entsprechenden Antrag des Klägers abgelehnt hatte, weil bei ihm bereits wegen bestehender und anerkannter Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit eine medizinische Leistung zur Rehabilitation nicht in Betracht komme (Bescheid der BfA vom 28. Mai 1997). Auf dem Antragsvordruck für eine stationäre Vorsorge-/Rehabilitationsmaßnahme bestätigte die behandelnde Ärztin des Klägers, Frau Dr K, Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, dass für den Kläger wegen "depressiver Verstimmung mit psychovegetativen Beschwerden bei struktureller Persönlichkeitsstörung" eine stationäre Behandlungsmaßnahme angezeigt sei. Ambulante Behandlungsmaßnahmen am Wohnort und/oder ambulante Kurmaßnahmen seien ausgeschöpft bzw nicht ausreichend. Es sei die Behandlung in einer Vertrags-Fachklinik für Naturheilverfahren "Psychovegetative Erschöpfung (PVE), Chronische Ermüdungs- und Erschöpfungssymptome einschließlich der Übergangsformen zum CFS" angezeigt (vgl Antrag vom 14. Juli 1997, bei der Beklagten eingegangen am 15. Juli 1997). Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK), Osterholz-Scharmbeck, vermerkte auf der Anfrage nach der Notwendigkeit der Rehabilitationsmaßnahme auf dem entsprechenden Formblatt der Beklagten "Therapie am Wohnort ausreichend".

Der Kläger hat sich 1999 und 2000 für mehrere Wochen in der S Klinik, Fachkrankenhaus für Psychosomatik, Rehabilitationszentrum für Innere Medizin in stationärer Behandlung befunden.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 22. Oktober 1997 ab, sie bezog sich auf die Beurteilung des MDK und ihrer Fachabteilung in Hamburg, die für die Koordination bzw Bewilligung der Kuren in ihren Vertragseinrichtungen zuständig sei. Die Fachabteilung habe durch die ärztliche Leitung der Klinik prüfen lassen, ob trotz der MDK-Entscheidung nicht doch eine Aufnahme in der Klinik erfolgen könne. Allerdings komme auch die ärztliche Leitung der Einrichtung zu dem Schluss, dass auf Grund der Schwere des vorliegenden Krankheitsbildes eine Aufnahme nicht erfolgen könne.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 24. Oktober 1997 Widerspruch ein. Er bat um Überprüfung, ob die Kurklinik in A, in der er sich 1992 zur Kur befand, für ihn eine geeignete Einrichtung sei. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch den MDK, Bremen, G. R, Ärztin für Anästhesie und Allgemeinmedizin -- Psychotherapie --. Sie, die Beklagte, wies den MDK darauf hin, dass die Befundberichte der behandelnden Ärztin Dr K direkt an den MDK weitergeleitet würden. Ein bei dem sozialpsychiatrischen Dienst Osterholz-Scharmbeck vorliegendes sozial-psychiatrisches Gutachten über den Kläger werde nur auf Grund direkter Anordnung seitens des MDK vorgelegt. In ihrem Gutachten vom 9. Februar 1998 kam die Ärztin R zu der Beurteilung, dass bei dem Kläger weder eine medizinische Indikation für ein orthopädisch orientiertes Heilverfahren noch für ein psychosomatisches Heilverfahren bestehe. Die Behandlungsmöglichkeiten vor Ort seien durchaus ausreichend und zweckmäßig. Zu überlegen wäre, ob der Versicherte (Kläger) sich gegebenenfalls einer Selbsthilfegruppe anschließe. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Bescheid vom 17. April 1998 zurück. Dabei verwies die Beklagte auf die Stellungnahme des MDK, wonach eine medizinische Indikation für eine orthopädisch orientierte Kurmaßnahme oder eine psychosomatische Rehabilitationskur nicht gegeben sei. Die Behandlungsmöglichkeiten vor Ort seien durchaus ausreichend und zweckmäßig.

Hiergegen hat der ...

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