Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Betriebsweg. Abweg in entgegengesetzter Richtung zum Betriebsziel. sachlicher Zusammenhang. Unterbrechung. persönlicher Grund. persönliche Unterhaltung. Verpassen der richtigen Ausfahrt

 

Orientierungssatz

Versicherte, die einen versicherten Betriebsweg aus persönlichen Gründen (hier: private Unterhaltung) unterbrechen, indem sie sich aus Unachtsamkeit auf einen Weg begeben, der in entgegengesetzter Richtung zum Betriebsziel liegt, stehen dort nicht gem § 8 Abs 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin zu 1. gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 25. Juni 2008 und die Berufung des Klägers zu 2. gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 25. März 2010 werden zurückgewiesen. Kosten der Kläger sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung eines Verkehrsunfalls vom 9. Mai 2006 als Arbeitsunfall.

Die 1981 geborene Klägerin zu 1) (geb. G.) ist die frühere Lebensgefährtin und jetzige Ehefrau des am 17. Februar 1969 geborenen Klägers zu 2). Der Kläger zu 2) betreibt ein Mietwagen- und Krankentransportunternehmen in U. Am Unfalltag begab er sich mit der Klägerin zu 1), die zu diesem Zeitpunkt im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung als Fahrerin in seinem Unternehmen angestellt war, mit dem Zug nach K. (Kreis K.), um von dort aus ein evtl für das Unternehmen vorgesehenes Fahrzeug zu besichtigen. Der Kläger zu 2) entschied sich zum Kauf des Fahrzeuges, das er noch am selben Tag nach U. überführen wollte. Die Klägerin zu 1) begleitete ihn als Beifahrerin. Gegen 16.35 Uhr erlitten die Kläger auf der A 1 aus der Richtung D. kommend, Autobahnring K., zwischen den Anschlussstellen B. und L. einen Verkehrsunfall, bei dem die Klägerin zu 1) ua eine HWS-Distorsion und Prellungen, der Kläger zu 2) eine Mehrfachverletzung des linken Armes mit einer nachfolgenden subtotaler Oberarmamputation links, eine Tibiakopffissur links und multiple Schnittwunden erlitt.

In seinem Bericht über den Unfallhergang vom 28. Juni 2006 gab der Kläger zu 2) an, dass er und die Klägerin zu 1) die Rückfahrt um ca 15.00 Uhr angetreten hätten und er sich auf dem Weg vom Autohändler in K. zur A 40 "hoffnungslos" verfahren habe. In dem Bericht heißt es des Weiteren: "Dann habe (ich) ein Richtungsschild nach K. (K. 80 km) gesehen. Da mir die Strecke K.-U. bekannt war, bin ich in Richtung K. gefahren. Mir war nicht bewusst, dass es sich hierbei um einen Riesenumweg gehandelt hat. Am Kreuz K.-N. habe ich dann die falsche Ausfahrt genommen und bin die A 1 Richtung H./F. anstelle Richtung D. gefahren; ich bin durch ein Gespräch mit Frau H. abgelenkt worden; außerdem herrschte dichter Verkehr. Private Gründe für den Umweg gab es nicht."

Die Beklagte nahm Unfallermittlungen vor Ort vor. In ihrem Bericht vom 18. Juli 2006 wird angeführt: "( ) Nach Aussagen von Herrn I. sei er zuerst zum Tanken gefahren, um dann auf die A 57 zu fahren. ( ) Nach Berechnung des Navigationssystems der Firma J. wäre die schnellste Verbindung zwischen dem Autohändler und dem Wohnort des Versicherten folgende gewesen: Auffahrt auf die A 40, Anschlussstelle K., die A 40 bis zum Autobahnkreuz B., dann auf die A 43 auffahren bis zum Autobahnkreuz B.-M., danach auf die A 44, A 45 bis zum W. Kreuz, dort auf die A 1 bis zum Autobahnkreuz D.-U., von da aus auf die A 44 bis zur Anschlussstelle W. Dies würde bedeuten, dass Herr A. sich nicht nur nach D., sondern auch nach B. beziehungsweise nach der A 44 hätte orientieren können. Als Herr A. auf die A 57 aufgefahren ist, bestand die erste Möglichkeit, Richtung D. zu fahren, beim Kreuz K.-L. Dort hätte er auf die A 42 auffahren können. Dies wurde auf der Autobahn mehrfach durch Schilder angekündigt. ( ) Danach folgte die nächste Möglichkeit beim Autobahnkreuz M. auf die A 40 Richtung D. aufzufahren. Dies ist ebenfalls nicht geschehen. Eine weitere Möglichkeit, sich über die mögliche Fahrroute zu informieren, bestand beim Rasthof G. ( ) Eine weitere Möglichkeit für die Abfahrt Richtung Wohnort bestand beim Autobahnkreuz M. Hiernach ist eine Auffahrt auf die A 44 möglich gewesen. Diese Autobahn dürfte Herr I. bekannt gewesen sein, da er diese bis Warburg, wenn auch mit Unterbrechung, hätte befahren müssen. ( ) Am Kreuz K.-N. verließ Herr I. die A 57 in Richtung A 1. Hierbei zeigte sich die Abfahrt K., K. und richtigerweise nach D. Hier fuhr Herr I. in die falsche Richtung auf die A 1, nutzte jedoch nicht die Abfahrt K.-B. zum Drehen, sondern befuhr weiterhin die A 1. Kurz vor der nächsten Abfahrt ereignete sich der Unfall. ( ) Objektiv betrachtet bestand für Herrn I. zweimal die Möglichkeit, Richtung D. zu fahren, dann noch die Möglichkeit des Autobahnkreuzes A 40 sowie die Abfahrt über die A 44. Weiterhin hätte Herr I. zweimal die Möglichkeit gehabt, sich auf Autobahnraststätten mit Kartenmaterial zu versorgen beziehungsweise d...

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