Verfahrensgang

SG Hannover (Urteil vom 04.07.2002; Aktenzeichen S 8 AL 789/00)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.06.2004; Aktenzeichen B 11 AL 55/03 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird dasUrteil des Sozialgerichts Hannover vom4. Juli 2002 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 13.390,50 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Erstattungsanspruch gemäß § 104 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) streitig.

Die Beklagte gewährte dem am 16. Dezember 1938 geborenen Beigeladenen, der bei der Klägerin wegen Krankheit pflichtversichert war, ab 1. Januar 1998 bis zum 31. März 2000 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von zuletzt 624,89 DM wöchentlich. Am 3. Februar 2000 wurde der Beigeladene stationär aufgenommen und war ab diesem Tag arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 23. Februar 2000 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) festgestellt habe, dass die Leistungsfähigkeit des Beigeladenen voraussichtlich länger als 6 Monate eingeschränkt sei. Sie versprach ferner, das Gutachten des MDK, welches das Vorliegen von Nahtlosigkeit begründe, unverzüglich nachzureichen. Mit weiterem Schreiben vom 23. März 2000 teilte die Klägerin mit, dass eine umfassende gutachterliche Stellungnahme erst nach Beendigung der stationären Behandlung möglich sei und bat die Beklagte aufgrund des offensichtlichen Nahtlosigkeitstatbestandes, dem Beigeladenen Leistungen nach § 125 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) zu gewähren. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 20. April 2000 unter Hinweis auf eine mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen getroffene Vereinbarung, sie könne sich nicht für eine Leistungsgewährung zuständig erklären, weil seit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit 11 Wochen verstrichen seien und das MDK-Gutachten immer noch nicht vorliege. Gleichzeitig hob die Beklagte mit Bescheid vom 20. April 2000 gegenüber dem Beigeladenen die Bewilligung von Alg mit Ablauf der 6-wöchigen Leistungsfortzahlung ab 16. März 2000 auf, weil er keinen Anspruch auf Alg wegen Minderung der Leistungsfähigkeit nach § 125 SGB III habe.

Die Vereinbarung vom 28./29. Mai 1998 (Besprechung zwischen AOK-Bundesverband, MDS, Bundesanstalt für Arbeit und Arbeitsamtsärztlichen Dienst) hat – soweit hier von Bedeutung – folgenden Wortlaut:

„2. Verfahren zu § 125 SGB III – Nahtlosigkeitsregelung –

Stellt der MDK in den ersten 6 Wochen der AU – also noch während der Leistungsfortzahlung durch das Arbeitsamt – eine dauernde Leistungsunfähigkeit fest, informiert er umgehend die Krankenkasse über das Ergebnis seiner Untersuchung (das kann auch nach Aktenlage sein). Dazu teilt der MDK der Krankenkasse schriftlich in einem noch zu entwickelnden „Formbrief” (Kurzmitteilung) das Ergebnis der MDK-Untersuchung mit.

Diese Information leitet die Krankenkasse unmittelbar an das AA weiter.

Erfahrungsgemäß nimmt das Schreiben des MDK-Gutachtens einige Zeit in Anspruch. Die BA akzeptiert jedoch zunächst das Ergebnis des MDK, um im Anschluß an die Leistungsfortzahlung nach § 126 SGB III unverzüglich mit Leistungen nach § 125 SGB III einzutreten.

Von Bedeutung ist, daß das MDK-Gutachten möglichst zeitnah erstellt wird und über die Krankenkasse dem Arbeitsamt schnellstmöglich zugeleitet wird.

Während die MDK-Untersuchung in den ersten 6 Wochen der AU erfolgen sollte, muß das MDK-Gutachten spätestens bis Ablauf der 10. Woche der AU erstellt sein. Die Krankenkasse leitet das MDK-Gutachten, aus dem hervorgeht, warum der MDK zu der Entscheidung kommt, daß eine dauernde Leistungsminderung vorliegt, im verschlossenen Briefumschlag an die Leistungsabteilung des AA's weiter. Gerechnet vom Eingang des MDK-Gutachtens beim AA hat der ÄD 4 Wochen bis max. 6 Wochen Zeit, die Entscheidung des MDK zu überprüfen.

Nach Ablauf dieses Zeitraums gilt das Ergebnis der MDK-Untersuchung von seiten des AA als akzeptiert, wenn keine Einwände erhoben werden.

Inwieweit die Vorgehensweise bei diesen sogenannten Divergenzfällen erneut zwischen AOK-BV und BA beraten werden muß, ist abhängig von den Erfahrungen in der Praxis insbesondere dem Volumen der Divergenzfälle.

Fälle, die vor Inkrafttreten dieser Vereinbarung entstanden sind, sollen auf Ortsebene zwischen Krankenkassen und Arbeitsamt einvernehmlich geklärt werden. Dabei ist zu beachten, daß das Arbeitsamt nur ihm bekannt gemachte Fälle rückabwickeln kann. Das heißt

  • • ein Erstattungsanspruch wurde angemeldet oder
  • • dem AA wurde mitgeteilt, daß laut ärztlicher Stellungnahme ein Nahtlosigkeitsfall vorliegt.

Aufgrund der Vielschichtigkeit der Fallgestaltung und vor dem Hintergrund, daß eine einvernehmliche Klärung gewünscht ist, verzichten die Besprechungsteilnehmer auf weitere Maßgaben.

Sollte allerdings eine einvernehmliche Lösung auch zwischen dem Landesarbeitsamt und der AOK n...

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