Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragsnachforderung. Aushilfsfahrer. geringfügig entlohnte Beschäftigung. wiederholter Arbeitseinsatz auf Abruf. Regelmäßigkeit. Mehrjährigkeit

 

Orientierungssatz

1. Das Merkmal der Regelmäßigkeit einer Beschäftigung liegt auch dann vor, wenn der Beschäftigte zu den sich wiederholenden Arbeitseinsätzen auf Abruf bereitsteht, ohne dass ein Verpflichtung besteht, jeder Aufforderung zur Arbeitsleistung Folge zu leisten. Dies steht auch nicht im Gegensatz zur vorausschauenden Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses, denn die grundsätzliche Bereitschaft zur weiteren regelmäßigen Zusammenarbeit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer liegt in diesen Fällen bereits beim ersten Arbeitseinsatz vor, auch wenn dies erst durch die nachfolgende Handhabung eindeutig nachweisbar ist (vgl BSG vom 23.5.1995 - 12 RK 60/93 = SozR 3-2400 § 8 Nr 4).

2. Das Kriterium der Mehrjährigkeit einer Aushilfstätigkeit kann nur den Charakter einer rückblickenden Ergänzungserwägung haben. Eine Differenzierung zwischen den Arbeitnehmern mit - rückblickend - mehrjähriger und nicht mehrjähriger Tätigkeit ist daher nicht notwendig.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 05.12.2017; Aktenzeichen B 12 KR 16/15 R)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 12.313,83 €.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen für geringfügig entlohnte Aushilfsmitarbeiter.

Die Klägerin betreibt ein Speditionsunternehmen mit Hauptsitz in Berlin und mit einer Zweigniederlassung in W...

Im Jahr 2005 führte die Beklagte im Hause der Klägerin eine Betriebsprüfung nach § 28 p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) durch. Betroffen war der Prüfzeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2004. In diesem Rahmen wurde festgestellt, dass die versicherungsrechtliche Beurteilung von kurzfristig bzw. geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern nicht immer ordnungsgemäß erfolgte und dass Jubiläumszuwendungen nicht verbeitragt wurden.

Mit Bescheid vom 28. Dezember 2005 nahm die Beklagte eine Nachforderung in Höhe von insgesamt 12.313,83 € vor. Die Arbeitnehmer, die im Prüfzeitraum als Aushilfen (insbesondere Aushilfsfahrer) eingesetzt wurden, seien von der Klägerin bis zum 31. März 1999 richtigerweise als geringfügig entlohnte Beschäftigte angesehen worden und dementsprechend gemeldet gewesen. Ab dem 1. April 1999 seien sie jedoch als kurzfristig Beschäftigte angesehen worden und daher umgemeldet worden. Die betreffenden Aushilfskräfte würden jedoch nicht zu dem Personenkreis der kurzfristig Beschäftigten zählen. Es handele sich um wiederkehrende Arbeitsverhältnisse im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Dies werde insbesondere dadurch deutlich, dass die Arbeitnehmer teilweise schon seit Jahren, in der Regel einmal wöchentlich, für die Klägerin tätig seien. Da bei den betroffenen Arbeitnehmern jedoch die Voraussetzungen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung erfüllt seien, seien nach der ab dem 1. April 1999 geltenden Rechtslage Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung abzuführen. Dies sei im Prüfzeitraum nicht erfolgt, sodass nunmehr eine Nachberechnung zu erfolgen habe.

Ferner führte die Beklagte aus, dass Jubiläumszuwendungen in vollem Umfange zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt gehörten. Für die an den Arbeitnehmer T... gezahlte Zuwendung seien Sozialversicherungsbeiträge nachzuerheben.

Die Klägerin erhob unter dem 26. Januar 2006 Widerspruch und überreichte Lohnkonten und Lohnabrechnungen für Mitarbeiter der Zweigniederlassung W... . Hieraus ergebe sich, wann die Mitarbeiter tatsächlich gearbeitet hätten bzw. dass die Mitarbeiter nur geringfügig beschäftigt gewesen seien. Es handele sich überwiegend um einen Tätigkeitsumfang von unter 50 Tagen im Jahr.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Entgegen der Auffassung der Klägerin handele es sich bei den beurteilten Beschäftigungsverhältnissen nicht um kurzfristige Beschäftigungen, sondern um wiederkehrende Arbeitsverhältnisse im Sinne der Rechtsprechung des BSG, denn dieselben Arbeitskräfte hätten bereits über Jahre regelmäßig wiederkehrende Arbeitsleistungen erbracht. Es lägen vielmehr die Voraussetzungen für geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse vor. Eine jeweilige Befristung der Arbeitsverhältnisse sei nicht nachgewiesen. Den Arbeitgeber treffe die Beweislast für das Vorliegen der Versicherungsfreiheit, d.h. er sei für alle maßgebenden Tatbestände für die Beurteilung der Versicherungspflicht/-freiheit aufzeichnungspflichtig. Allein die Behauptung, dass die Beschäftigungen ausschließlich an unter 50 Tagen im Jahr ausgeübt worden seien, sei für den Nachweis der Versicherungsfreiheit nicht ausreichend. Dem widerspreche zudem, dass die betreffenden Arbeitnehmer in der Zeit vor dem 1. April 1999 und in der Zeit nach dem 31. März 2...

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